1. Nun wurden Virusvarianten auch in Österreich nachgewiesen. Was weiß man darüber?
Nachdem bereits in 32 Ländern diese beiden stark mutierten Virusvarianten entdeckt worden waren, die zuerst in Großbritannien und Südafrika aufgetreten sind, gingen Experten davon aus, dass diese auch Österreich erreichen werden. Über die Feiertage wurde mittels Virussequenzierung gezielt danach gesucht – und man wurde fündig: In vier am Flughafen Wien-Schwechat genommenen Proben fand sich das Erbgut der britischen Virusvariante. Bei einer weiteren Person wurde jene Sars-CoV-2-Variante nachgewiesen, die vermutlich in Südafrika entstanden ist. Unter den fünf Betroffenen sind drei Kinder. Der Krankheitsverlauf war bei allen Betroffenen mild. Keine der vier Personen mit der britischen Virusmutation befinde sich derzeit in Österreich, sagte der Ages-Experte Franz Allerberger. In allen Fällen habe das Contact Tracing gut funktioniert, es hätten keine „Infektionen im Familienkreis stattgefunden“.
2. Haben sich diese Varianten bereits in Österreich ausgebreitet?
In den von den Forschern durchgeführten Analysen mehrerer Hundert weiterer Erbgutproben aus ganz Österreich seien diese Mutationen dem Team kein weiteres Mal untergekommen. „Es ist unwahrscheinlich, dass sich diese Varianten in Österreich schon groß ausgebreitet haben“, sagt Mutationsforscher Andreas Bergthaler (Cemm). In Abwasserproben von Kläranlagen habe man die Mutationen bisher auch nicht nachgewiesen.
3. Wie will Österreich nun reagieren?
Es werde weiter strikte Einreisebeschränkungen und Kontrollen – vor allem aus dem Vereinigten Königreich – geben, betone Gesundheitsminister Rudolf Anschober. Außerdem werde man in Österreich die Suche nach dem Viruserbgut des sich verändernden Erregers weiter verstärken. Dass Großbritannien relativ schnell auf die neue Variante reagieren konnte, bestätige auch die dortige Strategie zur Sequenzierung. Das wolle man nun auch in Österreich intensivieren und die Kapazitäten dafür vervierfachen. Somit sollen künftig jede Woche 1000 Proben aus ganz Österreich analysiert werden.
4. Wie sind diese neuen Virusvarianten entstanden?
Prinzipiell mutieren Viren ständig: Mutationen sind Kopierfehler, die zufällig entstehen. Liefert eine Mutation dem Virus einen Vorteil, kann sich diese Variante durchsetzen. „Im Durchschnitt sammelt das Coronavirus alle zwei Wochen eine neue Mutation“, erklärt Bergthaler. Was diese beiden neuen Virusvarianten – die zwar viele Parallelen aufweisen, aber unabhängig voneinander entstanden sind – nun besonders macht: Erstmals traten gleich 17 Mutationen innerhalb einer Virusvariante auf. Eine mögliche Erklärung: Das Virus könnte sich sehr lange in einem Patienten vermehrt haben, der aufgrund eines Immundefekts nicht damit fertig geworden ist und so zum „Virusinkubator“ wurde: „Das gibt dem Virus die Chance, mehr Mutationen anzusammeln“, sagt Bergthaler.
5. Was bedeuten die Mutationen für den Pandemieverlauf?
Zumindest für die britische Virusvariante scheint es nun gesichert, dass sie infektiöser ist: Britische Forscher sprechen von einer etwa 50 Prozent höheren Ansteckungsrate. Keine Hinweise gibt es bisher darauf, dass die Virusmutanten zu schwereren Krankheitsverläufen führen. Aber: „Wenn sich mehr Menschen anstecken und die Rate der Todesfälle gleich hoch bleibt, dann wird es in absoluten Zahlen auch mehr Todesfälle geben“, sagt Bergthaler. Warum diese Virusvariante ansteckender ist, ist noch nicht ganz klar: Es scheint, dass Infizierte mehr Viren in sich tragen – und dadurch auch mehr infektiöse Partikel beim Husten oder Sprechen abgeben. Prinzipiell gelten für die mutierten Varianten dieselben Regeln zur Viruseindämmung: Abstand halten und Mund-Nasenschutzmaske tragen. Aber: Adam Lauring, Experte für Evolution von RNA-Viren an der US-Universität Michigan, sagte: „Entscheidungsträger werden darüber nachdenken, was sie nun mit Blick auf Coronaregeln tun müssen.“ Weil sich die Variante schneller ausbreite, müssten solche Maßnahmen strenger sein, um den gleichen Effekt bei der Eindämmung zu erzielen.
6. Trifft diese Virusvariante vor allem Junge?
Auch hier gibt es keine endgültigen Antworten. In Großbritannien haben erste Daten gezeigt, dass die mutierte Virusvariante in der Gruppe der unter 20-Jährigen häufiger vorkommt als andere Varianten des Coronavirus. „Ob jüngere Menschen wirklich häufiger betroffen sind, muss noch untersucht werden“, sagt Bergthaler und warnt davor, voreilige Schlüsse daraus zu ziehen, dass auch in Österreich drei der fünf Infizierten Kinder waren.
7. Wirken bisherige Impfstoffe gegen diese Virusvarianten?
Dass die neuen Varianten negative Auswirkungen auf die Wirksamkeit von Corona-Impfstoffen haben werden, sei „unwahrscheinlich“, sagte Bergthaler. Man sollte derartigen Fragen wissenschaftlich möglichst genau nachgehen: „Es gibt aber bisher wenig Anhaltspunkte, dass das zum Beispiel die Bildung von Antikörpern beeinflussen würde.“