Nach US-Model Chrissy Teigenund Sänger John Legend hat nun auch Herzogin von Sussex, Meghan Markle, die Ehefrau des britischen Prinzen Harry, mit einem sehr persönlichen Beitrag in der "New York Times" von einer Fehlgeburt berichtet. In den Bericht schreibt sie von der großen Trauer und dem Tabu, mit dem eine Fehlgeburt nach wie vor oft behaftet ist. Sie habe im Juli eine Fehlgeburt erlitten. Diese sei mit nahezu "unerträglichem Leid" verbunden, so die 39-Jährige. In ihrem Bericht schildert sie den Moment, als sie sich der Tatsache bewusst wurde, dass sie ihr Baby verlieren würde. Über den Verlust zu sprechen dürfe kein Tabu mehr sein, so Markle. Gleichzeitig drückte sie die Bewunderung für alle aus, die offen über das Erlebte sprechen. "Dadurch, dass wir eingeladen sind unseren Schmerz zu teilen, machen wir gemeinsam die ersten Schritte zur Heilung". Meghan und Harry haben bereits einen Sohn, Archie. Er wurde im Mai 2019 geboren.
Jede dritte Frau erlebt eine stille Geburt
Jede dritte Frau weltweit muss Statistiken zufolge einmal die Erfahrung machen, ein Kind zu verlieren. Für viele bleibt es ein Leben lang ein einschneidendes Erlebnis, das nicht nur Verzweiflung, Wut, Trauer und Schuldgefühle mit sich bringt, sondern oft auch Sprachlosigkeit. „Es ist ganz wichtig, dass man darüber redet und die Trauer und den Verlust des Kindes aus der Tabuzone holt“, kann Simone Strobl die Kritik an der öffentlichen Trauer der Stars nicht verstehen.
Strobl, die selbst auch Mutter von zwei Sternenkindern (Johann und Florentine) ist, berät und unterstützt mit ihrem Verein „Pusteblume“ seit rund sieben Jahren Eltern und vor allem Mütter von Sternenkindern. „Eine stille Geburt ist das Einsamste, das einer Mutter passieren kann“, erklärt die Oberösterreicherin. Was es manchmal leichter erträglich macht, sei darüber zu reden, aktiv zu trauern und Abschied zu nehmen, „ganz individuell, wie es diese Familie und diese Mutter gerade braucht“.
Sein Herz hörte auf zu schlagen
Und viele wollen darüber reden, auch noch Jahre danach. Wie etwa die heute 56-jährige Beate aus Tirol, die mit 42 noch einmal unverhofft schwanger geworden war. In der zehnten Schwangerschaftswoche hat dann das Herz ihres Kindes zu schlagen aufgehört. „Sätze wie ‚du hast ja eh zwei gesunde Kinder‘ will man in so einem Moment nicht hören“, erinnert sich die Sternenkindmama. Sie selbst hat ihr Kind, das medizinisch gesehen ein Fötus war, nach der Curettage nie zu Gesicht bekommen. Genau diese Unsichtbarkeit ist es, die schwer lastet.
Am Tag des Geburtstermins hat Andrea aus Niederösterreich erfahren, dass ihr Kind keinen Herzschlag mehr hat. Bereits in der Frühschwangerschaft waren Komplikationen diagnostiziert worden. „Davon, dass mein Kind sterben könnte, war aber nie die Rede“, erzählt die 30-Jährige. In einer stillen Geburt hat sie ihre Tochter Laura zur Welt gebracht. „Von dem Moment, als der Tod festgestellt wurde, habe ich sehr viel darüber gesprochen, mit den Ärzten, den Hebammen, mit allen, die mir begegnet sind“, so Andrea.
"Nicht wegschauen"
Als Außenstehender ist es oft schwer, die richtigen Worte zu finden. „Nicht wegschauen und schweigen, nur weil man nicht weiß, was man sagen soll“, empfiehlt Simone Strobl. Viele hätten Angst und glauben, man reiße eine Wunde auf. Die meisten Eltern hätten ein großes Bedürfnis, darüber zu sprechen. Anteilnahme, egal in welcher Form – eine Karte, den Einkauf erledigen, sich um Geschwisterkinder kümmern –, zeige, dass die Familie mit ihrem Sternenkind gesehen wird. „Ich habe mich damals gefühlt, als wäre ich auf einem anderen Planeten. Mir ist das Schlimmste passiert und da draußen sind alle glücklich und happy. Die Welt draußen dreht sich weiter und für mich ist sie stehen geblieben“, schildert Strobl.
Durch das Sprechen bekomme das Sternenkind auch einen Platz in der Familie. Das sei vor allem dann wichtig, wenn es Geschwisterkinder gibt. Diese würden ja sowieso spüren, dass etwas anders ist. „Unsere Kinder sollen lernen, wie Trauern funktioniert. So verstehen sie auch die Trauer der Mama leichter“, so die Expertin.
Erinnerungen sammeln
Nicht jede oder jeder braucht dafür unbedingt ein Grab, Erinnerungen wollen aber die meisten. Mit ihrem Verein versucht Strobl in der ersten Phase des Schocks und auch danach beizustehen. „Man hat Angst, zu vergessen. Deshalb muss man schauen, dass man in der kurzen Zeit viele Erinnerungen schafft.“ Etwa mit Bildern, Haarlocken, Fuß- oder Handabdrücken vom Kind. Viele Eltern wüssten gar nicht, welche Möglichkeiten es gibt. Das müsse begleitet werden.
Noch immer sei viel zu tun, auch wenn die Situation in den vergangenen Jahren besser wurde. Seit April 2017 ist es in Österreich zum Beispiel möglich, seine früh verstorbenen Kinder unter 500 Gramm Geburtsgewicht ins Personenstandsregister eintragen zu lassen und sich eine Urkunde ausstellen zu lassen. Das ist sogar zeitlich unbegrenzt rückwirkend möglich, egal wie lange die Fehlgeburt zurückliegt. Ein weiterer wichtiger Schritt zur Sichtbarmachung.
In vielen Krankenhäusern und Geburtenstationen bemühe man sich heutzutage sehr. „Mir wurde die Möglichkeit angeboten, in Ruhe von meinem Kind Abschied zu nehmen“, erzählt Sternenkindmutter Andrea. Nicht immer und nicht in jedem Abschnitt einer Schwangerschaft ist das so. Wo es noch hakt? An der Sprache. „Worte können Schläge sein und ein Stich ins Herz“, weiß Simone Strobl aus eigener Erfahrung.
Deshalb sei auch der Begriff Sternenkinder entstanden. „Damit man nicht immer von Fehlgeburten sprechen muss.“ Die Frau suche die Schuld, den „Fehler“, bei sich. Immer wieder passiere es auch, dass den Eltern der Tod des Kindes ganz flapsig mitgeteilt wird. „Das ist Wahnsinn. Das sind Worte, die immer bleiben.“