F-A-S-T: Vier Buchstaben fassen jene Symptome zusammen, die typisch für einen Schlaganfall sind. Die Formel stammt aus dem Englischen, dort bedeutet das Wort „fast“ schnell – und das schnelle Reagieren ist beim Schlaganfall der entscheidende Faktor, denn es gilt: Zeit ist Hirn.
Bei der Akutbehandlung des Schlaganfalls zählt jede Minute – je schneller eine Therapie - die Thrombolyse, die das Blutgerinnsel auflöst, oder eine Thrombektomie, wobei das Blutgerinnsel operativ entfernt wird – begonnen wird, desto mehr Behinderung kann vermieden werden.
„Der Schlaganfall ist weltweit die zweithäufigste Todesursache und eine der häufigsten Ursachen von Behinderung“, sagt Julia Ferrari, von der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie (ÖGN) und der Österreichischen Schlaganfallgesellschaft. Es könnte tatsächlich jederzweite Schlaganfall verhindert werden mit einer adäquaten Behandlung der fünf häufigsten Risikofaktoren:
- Bluthochdruck,
- erhöhte Fettwerte,
- Vorhofflimmern,
- Rauchen und
- Übergewicht
Ein Schlaganfall liegt wahrscheinlich dann vor, wenn die Beschwerden plötzlich, also „schlagartig“, aufgetreten sind oder aus dem Schlaf heraus beim Aufwachen beobachtet werden und wenn ein oder mehrere der unten genannten Zeichen vorhanden sind:
- Plötzliche halbseitige Lähmung, z.B. Mundwinkel hängt herab; Arme und/oder Beine sind schlaff und kraftlos
- Plötzliche Sprechstörung (verwaschene Sprache, Lallen oder Unfähigkeit zu sprechen)
- Plötzliche Schwierigkeiten, Gesprochenes zu verstehen (Sprachverständnisstörung)
- Plötzliche Sehstörung: Sehen von Doppelbildern, verschwommenes Sehen, einseitiger
- Sehverlust, halbseitige Gesichtsfeldausfälle
- Plötzliche Gefühllosigkeit bzw. Taubheit an verschiedenen Körperregionen (meist Arm, Bein oder Gesicht)
- Plötzlich einsetzender Schwindel oder Benommenheit
Auch die Vorboten eines manifesten Schlaganfalls – ein sogenanntes „Schlagerl“ – müssen ernst genommen werden. Doch während des Corona-bedingten Lockdowns beobachteten Experten, dass die Anzahl der Patienten, die mit solchen flüchtigen neurologischen Beschwerden ins Spital kommen, stark zurückgegangen sind.
"Wir müssen davon ausgehen, dass es Kollateralschäden der Coronakrise gibt“, sagt Christian Enzinger, Neurologe am LKH-Uniklinikum Graz. Der Hauptgrund: Menschen, die flüchtige neurologische Symptome hatten – ein umgangssprachliches Schlagerl –, haben in der Phase des Lockdowns keine ärztliche Hilfe gesucht. Dabei kommt es zu einer vorübergehenden Durchblutungsstörung im Gehirn, die sich wieder auflöst. Die Beschwerden sind dieselben wie bei einem Schlaganfall – halbseitige Lähmung, Sprach- oder Sehstörungen –, verschwinden aber wieder. „Wir haben im Lockdown nahezu keine solche Patienten gesehen“, sagt Enzinger.
Vorboten eines schweren Schlaganfalls
Das Fatale daran: Solche flüchtigen Attacken können Vorbote eines manifesten Schlaganfalls sein – daher sei es wichtig, dass Patienten mit diesen Symptomen zum Neurologen gehen. „Ist der Blutdruck zu hoch, ist durch Vorhofflimmern ein Blutgerinnsel entstanden? All das muss rasch untersucht und behandelt werden“, sagt Enzinger, der befürchtet, dass diesen Patienten, die wegen des Corona-Shutdowns nicht zum Arzt gegangen sind, ein schwerer Schlaganfall drohen könnte.
Auch Patienten mit leichteren Schlaganfällen sah man an der Neurologie kaum – haben diese Menschen ihre Symptome einfach ausgesessen? „Dazu brauchen wir Zahlen, die wir jetzt wissenschaftlich erheben“, sagt Enzinger.
Coronavirus begünstigt Schlaganfälle
Doch das Coronavirus hat noch auf andere Art und Weise Einfluss auf das Krankheitsbild Schlaganfall: Der Innsbrucker Epidemiologe und Schlaganfall-Experte Stefan Kiechl zeigt diesen Zusammenhang auf. Der Virus würde laut aktuellen Studien Schlaganfälle begünstigen. Umgekehrt seien schwere Infektionsverläufe bei Schlaganfallpatienten doppelt so häufig wie bei gefäßgesunden Menschen, teilte die Medizinische Universität Innsbruck mit.
Es ist bekannt, dass eine Infektion mit dem Coronavirus neben Fieber, Husten und Atembeschwerden auch neurologische Symptome verursachen kann. "Inzwischen wissen wir, dass das neue SARS-Virus eine höhere Potenz hat, Schlaganfälle auszulösen, als das Grippevirus, wenngleich die absoluten Zahlen gering sind", verwies Kiechl auf aktuelle Erkenntnisse.
Daten aus New York würden belegen, dass 1,6 Prozent aller Covid-19-Patienten, die aufgrund schwererer Verläufe ins Krankenhaus mussten, einen Schlaganfall erleiden.