Wie ein Damoklesschwert hängt ein möglicher zweiter Lockdown über dem Land: „In der derzeitigen Situation wird ein zweiter Lockdown nicht notwendig sein und würde uns als Gesellschaft nicht guttun“, sagt Klaus Vander, Leiter des Instituts für Krankenhaushygiene am LKH-Universitätsklinikum Graz. Vielmehr müsse man sich an das Coronavirus als einen zusätzlichen Erreger von viralen Atemwegsinfektionen gewöhnen müssen. „Risikogruppen müssen besonders geschützt werden“, sagt Vander. Im Verlauf der Pandemie habe sich auch die Sterblichkeit durch Covid-19 relativiert: Nun verfügbare Studien zeigen Sterblichkeitsraten von 0,25 bis rund 0,4 Prozent – Österreichs Chefinfektiologe Franz Allerberger (Ages) spricht von einer Covid-19-Sterblichkeit, die etwa doppelt so hoch ist wie jene der Grippe.

„Wir dürfen unter dem Einfluss der Corona-Pandemie nicht alle anderen Krankheiten aus den Augen verlieren, die genauso für Leid sorgen“, sagt Vander – daran richten sich auch Pandemiepläne der Krankenhäuser für den Winter.

Verminderte Sauerstoffaufnahme?

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Der Mund-Nasen-Schutz, kurz MNS, polarisiert noch immer, dabei gibt es laut Klaus Vander mittlerweile eine eindeutige Beweislage dafür, dass MNS im Alltag an Orten, wo man sich nahe kommt, vor einer Ansteckung schützen. „Vorausgesetzt, es tragen ihn alle“, sagte Vander.

Viele Gerüchte kursieren dazu, welche vermeintlichen Nebenwirkungen der MNS auf seine Träger haben kann. Zum Beispiel sei die Sauerstoffaufnahme durch die Maske behindert. „Diese Sorge lässt sich schon allein dadurch entkräften, dass der MNS im öffentlichen Raum nie über Stunden getragen wird. Auch die Arbeitsmedizin sieht eine maximale Tragedauer von drei Stunden vor“, sagt Vander. Eine US-Studie hat diese Fragestellung mit Probanden untersucht, es zeigte sich: Selbst bei Menschen, die bereits an einer schweren Lungenkrankheit (COPD) leiden, hatte das Tragen des MNS keinen Effekt auf den Gasaustausch.

Klaus Vander, Krankenhaushygieniker LKH Graz
Klaus Vander, Krankenhaushygieniker LKH Graz © Juergen Fuchs

Eine andere Sorge betrifft die Hygiene des MNS: „Ja, die Maske kann zur Bakterienbrutstätte werden, so wie jedes andere Kleidungsstück auch“, sagt Vander. Daher sollen Stoffmasken nach einem Tag in Gebrauch maschinell gewaschen werden. Für den chirurgischen MNS gilt im medizinischen Setting eine Maximaltragedauer von vier Stunden – Vander sagt: „Der MNS muss gewechselt werden, sobald er durchfeuchtet ist.“ Bei der Handhabe der Maske sollte man auch an die Händehygiene denken: Wann auch immer man sich ins Gesicht fasst, können Hände zu Keimüberträgern werden – Händewaschen ist angesagt.

Ein weiteres strittiges Thema: Was bringen Gesichtsvisiere im Schutz vor einer Virus-Übertragung? Dazu hat Klaus Vander einen klaren Standpunkt: Der Hygiene-Experte rät von Plastikvisieren grundsätzlich ab, „weil diese keinen Emissionsschutz bieten“. Vor allem deshalb, weil die Konstruktion eigentlich eine andere Funktion hat. Als Sichtschutz bewahrt sie die Augen vor kleinen Teilchen, die in der Luft herumfliegen.

Deshalb sind für den Experten solche Visiere im Kampf gegen das Virus lediglich „eine Farce“. Er spricht von „Suggestion, die nie etwas gebracht hat“. Vor allem der Spuckschutz sei in seinen Augen wenig sinnvoll: „Man könnte sich stattdessen auch eine Hühnerfeder auf den Kopf stecken. Das wäre vielleicht attraktiver und ähnlich wirksam.“