Zwei Todesfälle junger Frauen innerhalb kurzer Zeit und beide sollen mit einer Kinderwunschbehandlung im Zusammenhang stehen. Im Juni wurde der Fall einer 32-Jährigen bekannt, die sich in einer privaten Kinderwunschklinik in Baden behandeln ließ und vermutlich durch ein verunreinigtes Narkosemittel starb. Und diese Woche nun der Fall einer 27-Jährigen, die sich in Wien-Döbling einer künstlichen Befruchtung unterzog und Anfang August verstarb. In diesem Fall ist jedoch unklar, ob bzw. inwieweit der Tod der 27-Jährigen und die Entnahme von Eizellen im Juni zusammenhängen. Die Klinik hielt fest, es gebe aus medizinischer Sicht „keinen Zusammenhang zwischen der IVF-Behandlung und dem Tod der Patientin nahezu zwei Monate später“. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft.
Diese Meldungen verunsichern Frauen: Wie risikoreich ist eine künstliche Befruchtung? Welche Komplikationen können auftreten? Darüber haben wir mit Martina Kollmann vom Kinderwunschzentrum der LKH-Frauenklinik Graz gesprochen. „Generell ist die künstliche Befruchtung ein sehr sicherer Eingriff“, sagt Kollmann – doch wie bei jeder medizinischen Maßnahme sind Komplikationen möglich.
Etwa jedes sechste Paar hat Schwierigkeiten, auf natürlichem Weg ein Kind zu bekommen. Zu den häufigsten Ursachen zählen verklebte oder verschlossene Eileiter bei der Frau sowie Fruchtbarkeitsstörungen beim Mann. Nun kann Kollmann diese beiden tragischen Fälle der verstorbenen Frauen natürlich nicht kommentieren, beim ersten Fall in Baden scheint die tödliche Komplikation aber auf die falsche Lagerung eines Narkosemittels zurückzugehen und hat damit nicht direkt mit der künstlichen Befruchtung zu tun. „Eine kurze Narkose oder Sedierung wird bei der Entnahme der Eizellen eingesetzt, dieser Eingriff dauert etwa 15 Minuten“, sagt Kollmann.
Damit vor der Entnahme mehr als eine Eizelle heranreift, werden die Eierstöcke mittels einer Hormonbehandlung stimuliert. Die Medikamente werden großteils sehr gut vertragen, aber es kann auch zu unangenehmen Nebenwirkungen kommen wie Spannungsgefühlen, Übelkeit oder Kopfschmerzen. Es kann auch
eine seltene Komplikation auftreten: ein Überstimulationssyndrom. „Bei schweren Fällen dieses Syndroms kommt es zu einer Flüssigkeitsverschiebung im Körper, was wiederum zu einem erhöhten Thromboserisiko führt. Das Risiko für Blutgerinnsel ist also erhöht“, sagt Kollmann. Man wisse aber heute, welche Patientinnen besonders gefährdet sind und wie man dagegenwirken kann.
Laut einer deutschen Studie tritt ein solches Syndrom bei 2,7 Prozent der Frauen auf – laut der IVF-Gesellschaft liegt die Häufigkeit eines schweren Überstimulationssyndroms bei unter einem Prozent. Was kann noch passieren? „Bei der Entnahme der Eizellen kann es durch die Nadel zu Blutungen kommen“, sagt Kollmann – doch das sei extrem selten. Im Vergleich zu natürlichen Schwangerschaften ist das Risiko, dass sich der Embryo außerhalb der Gebärmutter einnistet – eine Eileiterschwangerschaft –, bei der künstlichen Befruchtung etwas größer. Auch ist die Wahrscheinlichkeit einer Mehrlingsschwangerschaft nach der künstlichen Befruchtung vor allem beim Transfer von zwei Embryonen erhöht – und diese Schwangerschaften gelten als Risikoschwangerschaften. Daher wird fast immer nur ein Embryo in die Gebärmutter eingesetzt, um dieses Risiko zu minimieren.
„Über diese Risiken müssen Frauen gut aufgeklärt werden, vor allem wenn Vorerkrankungen bestehen“, sagt Kollmann. Einen tödlichen Ausgang einer Kinderwunschbehandlung hat Kollmann noch nie erlebt.