Eigentlich gilt bis dato für Kinder und das neuartige Coronavirus: Sie erkranken seltener und wenn, dann in den meisten Fällen sehr mild oder gar symptomlos. Doch nun beobachten Ärzte weltweit eine mysteriöse  Erkrankung, die in seltenen Fällen bei Kindern auftritt und die im Zusammenhang mit Covid-19 stehen könnte. Die Fallberichte sind besorgniserregend: In den beschriebenen Fällen – mehr als 100 wurden in New York erfasst, acht Kinder in London, auch aus Spanien, Italien, und Deutschland wurden Fälle gemeldet – trat bei Kindern eine Überreaktion des Immunsystems auf.

Die Folge: Haut, Augen, das Herz, die Gefäße und auch der Magen-Darm-Trakt waren von schweren entzündlichen Reaktionen betroffen. Auch an der Kinderklinik des LKH-Uniklinikum Graz wurde ein Kind mit einer solchen schweren Erkrankung auf der Intensivstation behandelt, wie der Mediziner Volker Strenger bestätigt. Nun wurde auch ein zweiter Fall in Wien bekannt.

„Wir wussten schon vorher, dass es zwar selten ist, aber dass auch Kinder schwer an Covid-19 erkranken können“, sagt Strenger. Beim Patienten, ein 11-jähriger Bursche, in Graz war es so, dass er zunächst nur milde Symptome zeigte, auf SARS-CoV-2 getestet wurde und positiv war. Einige Tage später aber habe er immer stärkere Bauchschmerzen bekommen, er hatte eine starke entzündliche Reaktion im Bauchraum und hohes Fieber. Sein Zustand hat sich dann so verschlechtert, dass er auf die Intensivstation verlegt werden musste.

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Immunsystem reagiert über

Der Hintergrund: Es kann durch Covid-19 zu einer überschießenden Reaktion des Immunsystems kommen, welche in der Folge die Organe des Körpers schädigt. „Ähnlich wie bei einer Sepsis“, sagt der Kinder- und Jugendfacharzt Hans Jürgen Dornbusch, „werden Immunbotenstoffe in überschießender Art und Weise freigesetzt.“ Bei diesem Phänomen kommt es in der Folge zu Augenentzündungen, die Schleimhäute, auch im Magen-Darm-Trakt sind betroffen, Ausschläge treten auf und – besonders dramatisch -  es kommt zu einer Entzündung in den Gefäßen, erklärt Dornbusch. Auch beim Grazer Patienten wurde eine Gerinnungsstörung beobachtet, was auf eine Entzündung in den Gefäßen hinweist.

International zeigt sich die Situation nun so, dass bei manchen betroffenen Kindern SARS-CoV-2 nachgewiesen wurde, bei anderen waren die Tests jedoch negativ. Strenger erklärt dazu: „Wir wissen von Erwachsenen, dass Betroffene, die zunächst Husten und Fieber haben, in weiterer Folge eine überschießende Immunreaktion entwickeln können. Dann kann das Virus im Rachen aber vielleicht gar nicht mehr nachweisbar sein.“ Die Verschlechterung falle erst später, im weiteren Verlauf der Erkrankung auf. Auch bei den beschriebenen Fällen von Kindern war der Verlauf zunächst milde oder gar asymptomatisch, bevor es zu den schweren Verläufen kam.

Grazer Patient hat Intensivstation verlassen

Der Grazer Patient konnte die Intensivstation mittlerweile verlassen und wird bald entlassen werden, sagt Strenger. Zu den Faktoren, warum die Erkrankung bei den meisten Kindern mild und bei einigen wenigen so schwer verläuft, können Mediziner noch nicht viel sagen. „Bei den Fällen in London war auffällig, dass einige der Betroffenen übergewichtig waren, auch hatte die Mehrzahl der Betroffenen afro-karibische Wurzeln“, sagt Dornbusch. In den USA werden nun genetische Untersuchungen gemacht, um festzustellen, ob es genetische Ursachen geben könnte.

Insgesamt warnen die beiden Kinderärzte aber vor überzogener Sorge: „Diese Verläufe sind insgesamt sehr selten“, unterstreicht Dornbusch. Für das Gros der Kinder gelte weiterhin, dass sie eher selten erkranken und die Erkrankung meist milde verläuft.