Es war zunächst eine überraschende Beobachtung: Im März ist die Rate jener Patienten, die wegen eines Herzinfarkts ins Krankenhaus mussten, in Österreich um 40 Prozent gesunken. Diese Zahlen hat die kardiologische Fachgesellschaft ÖKG österreichweit erhoben und beurteilte das Ergebnis als erstaunlich.
Doch im internationalen Vergleich zeigt sich: Auch in vielen anderen Ländern sinkt seit Ausbruch der Coronakrise die Zahl der Herzinfarkt-Patienten in Krankenhäusern. Und das, obwohl eine schwere Infektion, wie sie durch das Coronavirus ausgelöst werden kann, den Herzmuskel stark belastet und man daher eher einen Anstieg der Herzinfarkte erwartet hätte.
Was steckt dahinter? Die Erklärung ist besorgniserregend: „Am wahrscheinlichsten ist, dass Betroffene solche Angst davor haben, sich im Krankenhaus mit dem Virus zu infizieren, dass sie nicht den Notruf wählen“, sagt Bernhard Metzler, Präsident der ÖKG. Das bestätigt auch Andreas Zirlik, Kardiologe an der Med Uni Graz: „Jene Patienten, die zu uns kommen, sind sehr schwere Fälle, bei denen wir uns wünschen, sie wären früher gekommen.“
Für den Herzinfarkt wurden diese Zahlen nun erstmals erhoben – Experten gehen aber davon aus, dass es bei anderen akuten Erkrankungen einen ähnlichen Trend gibt – aus Angst vor der Ansteckung bleiben Patienten dem Krankenhaus fern. „Das sind die Kollateralschäden dieser Pandemie“, sagt Metzler – doch die Sorgen der Patienten seien unbegründet. „Die Notaufnahmen sind örtlich strikt getrennt“, sagt Zirlik.
„Menschen, die ernsthafte Erkrankungen haben, brauchen keine Angst haben, ins Spital zu gehen – sie kommen nicht mit Covid-19-Patienten in Berührung“, unterstreicht Intensivmediziner Rudolf Likar, Klinikum Klagenfurt. Metzler appelliert: „Herzbeschwerden müssen ernst genommen werden“ – sonst könne es zu gefährlichen Folgeerkrankungen wie der Herzschwäche kommen.
Nun macht ein Herzinfarkt nicht immer den klassischen starken Schmerz in der Brust. Diffuse Schmerzen im Brustkorb oder Atemnot in Ruhe seien Anzeichen, bei denen man den Notruf wählen sollte.