In einer Aussendung vom Mittwoch Abend äußern Stefan Thurner und Peter Klimek, Wissenschaftler des Complexity Science Hub Vienna (CSH), Zweifel, ob die bisher beschlossenen Maßnahmen im Kampf gegen das neuartige Coronavirus ausreichen werden. Laut ihren Berechnungen könnte das Kapazitätslimit an Intensivbetten in österreichischen Spitälern in etwa 14 Tagen erreicht werden. Sie fordern verstärkte Maßnahmen.
"Wir haben unsere Ergebnisse auch an politische Entscheidungsträger geschickt, sagt Thurner zur Kleinen Zeitung. "Wir haben Daten aus anderen Ländern mit den österreichischen Daten verglichen. Daraus ergibt sich, dass in Europa zu langsam und mit zu schwachen Maßnahmen auf das Coronavirus reagiert wird. In Ostasien wurde gezeigt, dass strengere Maßnahmen erfolgreicher sein können, um die Epidemie einzudämmen."
Ausbreitungsraten messbar
Das Coronavirus sei nun lange genug im Umlauf, sodass die exponentiellen Ausbreitungsraten in einzelnen Ländern gemessen werden können. Diese Raten geben Aufschluss darüber, in welchem Ausmaß die Maßnahmen, die von einzelnen Ländern zur Verlangsamung der Ausbreitung ergriffen wurden, wirken. Dabei komme es teils zu erheblichen Unterschieden der Ausbreitungsraten.
Während Länder wie China oder Singapur die Ausbreitung unter Kontrolle gebracht haben, schreitet die Ausbreitung in vielen EU-Ländern weiter exponentiell voran.
Die Anzahl der Fälle verdopple sich in Österreich derzeit etwa alle zwei Tage und acht Stunden, heißt es in der Aussendung. Italien hatte in der Kalenderwoche 13 in etwa dieselbe Verdopplungszeit. Seit Kalenderwoche 14 greifen in Italien die umgesetzten Maßnahmen in geringem aber nachweisbarem Ausmaß: die Verdopplungszeit wurde auf circa 3 Tage 2 Stunden verlängert. In Österreich kann demnach derzeit keine Verlängerung der Verdopplungszeit festgestellt werden.
Die Tatsache, dass in Italien die Maßnahmen nur beschränkt greifen und immer noch exponentiell sind, indiziert, dass die derzeit in Österreich ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichend sind, um eine notwendige Reduktion der exponentiellen Ausbreitung in den nächsten Wochen zu garantieren. Engpässe in Spitalsbetten können laut CSH daher nicht ausgeschlossen werden.