Wer auf der Sonnenseite des Lebens steht, hat es bekanntlich gut. Das ist auch kein Wunder. Schließlich bedeutet mehr Sonne mehr Vitamin D. Und Vitamin D ist so etwas wie der Streber unter den Hormonen, der freiwillig allerhand Aufgaben übernimmt, damit wir gesund bleiben. Zum Beispiel jetzt, wo wieder alle ihre Sommerbräune gegen eine rote Nase tauschen und die das Einzige ist, was noch super läuft, scheint Vitamin D eine echte Chance gegen das Krankwerden zu sein.

Denn: Vitamin D macht uns stark. Es hilft uns bei der Abwehr von Viren und Bakterien. „Vitamin D hat einen positiven Effekt auf unser Immunsystem, da ist auf alle Fälle was dran“, sagt Karin Amrein von der Med Uni Graz, die auch am Hormoninstitut Dobnig tätig ist.

Sabine Matschnig, Oberärztin an der Abteilung für Nuklearmedizin und Endokrinologie am Klinikum Klagenfurt, ergänzt: „Es ist auch an vielen Stoffwechselvorgängen beteiligt, zum Beispiel am Aufbau von Knochen, Zähnen und Gelenken. Es stärkt außerdem unsere Muskeln und reguliert den Kalzium- sowie Phosphatstoffwechsel, verhindert also den Abbau von Knochenmasse.“ Würde es Pluspunkte für das geben, was Hormone leisten, Vitamin D wäre nicht selten Klassenbester. Und das Beste: Unser Körper produziert es selbst.

Stichwort Sonnenhormon

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Dass wir in Sachen Vitamin D Selbstversorger sind, unterscheidet es von allen anderen Vitaminen und ist gleichzeitig der Grund, warum es zu den Hormonen zählt. Zwar können wir es schon auch über die Nahrung aufnehmen – man findet Vitamin D in fetten Fischarten wie Lachs und Hering oder in Speisepilzen wie Champignons –, das deckt dann aber höchstens ein Fünftel unseres Bedarfs.

Der Rest entsteht in Eigenproduktion: Trifft die Sonne auf unsere Haut, bilden Leber und Niere Vitamin D. Eigentlich ziemlich einfach. Je nach Jahres- und Uhrzeit sowie Wetter produziert unser Körper aber unterschiedlich viel davon.

Stefan Pilz, Endokrinologe am Klinikum Graz: „Ein paar Mal pro Woche zu Mittag in die Sonne gehen ist im Sommer absolut ausreichend, um den Bedarf zu decken. Man bildet dabei übrigens genügend Vitamin D, lange bevor man einen Sonnenbrand bekommt.“ Gesicht, Hals, Arme und Beine also für ein paar Minuten unbedeckt gen Himmel strecken, fertig. Wird es draußen kälter, wird es ein bisschen komplizierter. Nicht nur, weil wir nur mehr selten kurzärmelig unterwegs sind.

„Im Winter gibt es insgesamt weniger Sonnenstunden und die Intensität der Sonneneinstrahlung ist viel geringer“, so Matschnig. „Eine ausreichende Eigenproduktion ist deshalb nicht immer gewährleistet.“ Die Folge: ein Vitamin-D-Mangel. „Fehlt uns Vitamin D, ist das also primär oft kein Ernährungs-, sondern ein Problem des Lebensstils. Wir sind ganz einfach zu wenig in der freien Natur“, fasst Pilz zusammen.

Schläfrig?

Fühlt man sich matt, ist man ungewöhnlich müde oder schläft besonders schlecht, könnten das erste Anzeichen für fehlendes Vitamin D sein. Unbehandelt führt das zu einer erhöhten Infektanfälligkeit, Muskelschwäche oder Gliederschmerzen. Bei Kindern im Wachstum leidet sogar die Knochensubstanz, die Knochen bleiben weich und verformen sich. Auch bei älteren Menschen, die häufig einfach nicht mehr genug draußen und deshalb eine Risikogruppe sind, kommt es dann schneller zu Knochenbrüchen, oft in Folge von Stürzen.

Schwangere Frauen sollten auf ihren Vitamin-D-Spiegel achten, weil er zur gesunden Entwicklung des Fötus beiträgt und  Schwangerschaftskomplikationen verringert. Nach ärztlicher Absprache lässt sich der Mangel durch die Einnahme von geeigneten Präparaten, zum Beispiel Vitamin-D-Tropfen, im Normalfall aber leicht beheben. Und noch eine gute Nachricht: Der Körper kann Vitamin D für mehrere Monate speichern. Nur weil die Tage jetzt also immer kürzer werden, heißt das noch lange nicht, dass es uns an Vitamin D fehlt.

Wer im Sommer richtig Sonne tankt, kommt damit im besten Fall durch den ganzen Winter. Den Vitaminvorrat jetzt einfach mal auf gut Glück aufzustocken, um für die nächste Erkältungswelle gerüstet zu sein, funktioniert allerdings nicht. „Wenn ich keinen Mangel an Vitamin D habe, bringt mir die weitere Zufuhr von Vitamin D nichts. Mehr als gesund sein geht ja nicht“, so Amrein. Sie untersucht deshalb lieber die Wirkung von Vitamin D bei Erkrankungen.

Weltweite Studie

Amrein leitet die weltweit größte Studie zu schwerem Vitamin-D-Mangel bei Intensivpatienten („VITDALIZE“) und versucht herauszufinden, ob das Hormon bei kritisch Kranken zu einer geringeren Sterblichkeitsrate führt. Ergebnisse ihrer ersten Studie lassen bereits darauf schließen. Auch die Österreichische Gesellschaft für Pneumologie forscht zum Vitamin D und hat in einer neuen Studie herausgefunden, dass es dazu beitragen kann, das Fortschreiten der chronischen Lungenerkrankung COPD aufzuhalten. Amrein: „Wundermittel ist Vitamin D aber keines. Es heilt keine Krankheiten. Es kann lediglich zur Gesundheit beitragen.“
Eines wissen wir trotzdem schon jetzt: Den Platz an der Sonne werden wir nicht mehr so schnell hergeben.