Tragödie in Schweden: Nach dem Tod mehrerer Babys ist eine schwedische Untersuchung über die Einleitung der Geburt bei langen Schwangerschaften vorzeitig abgebrochen worden. Sechs Babys, bei deren Müttern der Geburtsvorgang erst nach der 42. Schwangerschaftswoche eingeleitet wurde, starben vor oder unmittelbar nach der Geburt, wie aus der im "British Medical Journal" veröffentlichten Arbeit hervorgeht.
Was ist hier geschehen? Wie lange wird in Österreich mit der Einleitung einer Geburt gewartet? Das haben wir Philipp Reif von der klinischen Abteilung für Geburtshilfe am LKH-Uniklinikum Graz/ Med Uni Graz gefragt.
Warum sind hier sechs Babys gestorben?
„Die Ursachenforschung obliegt den Kollegen in Schweden“, sagt Reif – aber es scheint relativ klar, dass in diesen Fällen zu lange gewartet wurde, bis die Geburt eingeleitet wurde. „Wir wissen, dass die Plazenta kein Organ ist, das auf Dauerbetrieb ausgelegt ist“, sagt Reif. Aus Studien sei bekannt, dass die Plazenta-Leistung ab der 42. Schwangerschaftswoche drastisch abnehme. Die Folge: Das Baby im Mutterleib wird schlechter versorgt, das Risiko dafür, dass das Ungeborene noch im Mutterleib verstirbt, steigt an. „Daher lautet auch der Konsensus in der Geburtshilfe: Wir dürfen nicht ewig warten“, sagt Reif.
Welche Empfehlungen für die Geburtseinleitung gelten hierzulande?
„Die 42. Schwangerschaftswoche ist die absolute Grenze“, sagt Reif. Laut den Leitlinien wird werdenden Müttern ab der 41. Woche eine Einleitung empfohlen. Ist eine werdende Mutter bereits 10 Tage „über Termin“ (41. Woche plus 3 Tage) soll die Geburt eingeleitet werden. „Die 42. Woche ist dann die absolute medizinische Grenze“, sagt Reif – der aber auch betont, dass es auch immer eine Entscheidung der werdenden Mutter sei. „Auch wir wollen, dass die Geburt so natürlich wie möglich verläuft“, sagt Reif – aber einem gewissen Zeitpunkt steige das Risiko für fatale Folgen für das Kind stark an.
Wie funktioniert eine Geburtseinleitung überhaupt?
Laut Reif gebe es vor allem zwei Methoden: die medikamentöse Einleitung, wobei Prostaglandine verabreicht werden, deren Aufgabe es ist, den Muttermund für die Geburt vorzubereiten. Bei der zweiten, nicht-medikamentösen Methode wird der Muttermund mithilfe eines Ballons stimuliert: In der Folge wird die körpereigene Ausschüttung der Prostaglandine angeregt. „Wir wissen aus vielen Studien, dass der Ballon mit weniger Nebenwirkungen verbunden ist und dass diese Methode auch bei Frauen die beliebtere ist“, sagt Reif.
Welche Auswirkung hat die Einleitung auf den Geburtsverlauf?
„Durch die Einleitung der Geburt erhöht sich die Kaiserschnittrate nicht drastisch“, sagt Reif. Eine Wissenschaftlergruppe des internationalen Forschungsnetzwerks Cochrane Collaboration hat untersucht, ab welchem Zeitpunkt in der Schwangerschaft eine Geburtseinleitung sinnvoll ist. Die Ergebnisse zeigten: Wenn der Geburtstermin um mehr als eine Woche überschritten ist, kann eine Einleitung das Risiko senken, dass ein Baby stirbt.
Wird zu lange zugewartet, kann das einen Notfall-Kaiserschnitt notwendig machen. Die Daten der Cochrane-Untersuchung zeigen: Das Risiko für einen Kaiserschnitt sinkt etwas, wenn die Geburt nach der 41. Woche eingeleitet wird:
- Ohne Einleitung: Bei etwa 180 von 1000 Frauen wurde per Kaiserschnitt entbunden.
- Mit Einleitung: Bei etwa 160 von 1000 Frauen wurde per Kaiserschnitt entbunden.
Quelle: https://www.gesundheitsinformation.de
Abschließend sagt Reif: „Die Sicherheit von Mutter und Kind hat bei uns die höchste Priörität. Wir Ärzte werden daher immer den sichersten Weg wählen.“