Frau Macedonia, Sie sind Gehirnforscherin und schreiben Bücher, die Menschen in Bewegung bringen sollen – warum?
Manuela Macedonia: Als Wissenschaftlerin habe ich Zugang zur gesamten Forschung zum Einfluss von Bewegung auf das Gehirn – dieses Wissen will ich der Öffentlichkeit vermitteln. Denn Bewegung hält das Gehirn systemisch gesund.

Ist Bewegung ein Mittel, um sich vor Alzheimer zu schützen?

Eine der Ursachen von Alzheimer ist die Ablagerung von Eiweiß auf der Gehirnoberfläche. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass das Reinigungssystem des Gehirns – das glymphatische System – träge wird und die Oberfläche des Gehirns nicht mehr „sauber“ hält. Bewegung sorgt dafür, dass diese Reinigung in die Gänge kommt, es reduzieren sich sogar die berüchtigten Plaques im Gehirn, wenn die Krankheit bereits ausgebrochen ist.

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Welche Bewegung in welcher Intensität ist gut für das Gehirn?

Es gibt kein Rezept, das für alle gilt – es hängt vom Alter und der Fitness der Person ab. Auf jeden Fall soll die Anstrengung immer ein bisschen außerhalb der Komfortzone liegen, sonst greifen jene Mechanismen nicht, die das Gehirn fit halten. Eine Faustregel, die für alle gilt, ist, mindestens eine Stunde pro Tag zu gehen, und das zügigen Schrittes. Wenn man meint, man hat keine Zeit dafür, wird uns das Gehirn eines Tages die verzinste Rechnung präsentieren. Wir sehen ja schon, dass degenerative Erkrankungen des Gehirns ansteigen. Das hat damit zu tun, dass wir im Schnitt immer älter werden, aber Bewegungsmangel ist auch eine der Ursachen. Die Gesellschaft ist bequem geworden. Wir wollen alles ohne Anstrengung: Abnehmen, indem wir eine Pille einwerfen, lernen sollte im Schlaf gehen und Bewegung möchten wir durch Brainfood ersetzen. So geht’s nicht!

Welche Rolle spielt die Ernährung: Gibt es Brainfood?

Dass man kein Junkfood zu sich nehmen soll, ist nachvollziehbar und dass frische, hochwertige Lebensmittel besser sind als konservierte Industrieprodukte ebenso. Allerdings ersetzt gesunde Ernährung keine Bewegung. Man kann nicht eine Walnuss-und-Fisch-Diät machen, damit man auf der sicheren Seite ist, ohne Bewegung. Wer sich ausreichend bewegt und sich ordentlich ernährt, tut dem Gehirn etwas Gutes.

Was schadet unserem Gehirn am meisten?

In jedem Alter braucht unser Gehirn ausreichend Schlaf, denn währenddessen regeneriert es sich und baut Schadstoffe ab. Schlaf beeinflusst unser Gedächtnis, unsere Stimmung, und chronischer Schlafmangel kann Demenzerkrankungen begünstigen. Auch eine zu fette Ernährung schadet dem Gehirn: Sie kann Blutgefäße starr machen und verengen und somit die notwendige Blut- und Sauerstoffzufuhr für die Gehirnzellen stören. Und auch Stress ist für das Gehirn sehr schädlich.

Was macht Stress mit unserem Gehirn?

Das Stresshormon Cortisol ist einer der größten Feinde für unser Gehirn. Es wird ausgeschüttet, wenn uns eine Situation nicht passt, wenn wir psychosozialen Stress haben. Diese Reaktion können wir nicht verändern, sie ist in unserem Verhalten evolutionär verankert. Cortisol kann uns depressiv machen, aber auch eine Reihe von Prozessen im Gehirn auslösen, die das Gehirn krank machen. Bewegung hilft nachweislich, Cortisol abzubauen, das ist die einzig funktionierende Maßnahme ohne Nebenwirkungen.

Stimmt es, dass Bewegung das beste Medikament ist?

In puncto Gehirn spielt Bewegung eine außerordentlich wichtige Rolle, die den meisten Menschen nicht bewusst ist. Wir sehen an unserer Haut, ob Falten entstehen, aber wir sehen unser Gehirn nicht, wenn es durch ungesunden Lebensstil Schaden nimmt. Bewegung ist wie ein Balsam für unser Gehirn, und das völlig ohne Nebenwirkungen.

Manuela Macedonia erklärt, warum unser Gehirn Bewegung braucht
Manuela Macedonia erklärt, warum unser Gehirn Bewegung braucht © Kneidinger