Krebstherapien auf der Basis von bispezifischen Antikörperkonstrukten ("BiTE") zur Aktivierung von Abwehrzellen (T-Lymphozyten) gegen Krebs, mehrere Jahre forschten Peter Kufer und sein Team von rund 200 Mitarbeitern am Amgen-Forschungszentrum in München an deren Entwicklung. Das erste Produkt (Blinatumomab) ist gegen bestimmte Blutkrebsformen bereits zugelassen.

"Die Grundidee geht zurück auf die Mitte der 1980er-Jahre. Viele Gruppen wollten aus Antikörpern, die einerseits an T-Zellen und andereseits an Krebszellen binden, Medikamente machen. Das erwies sich allerdings als schwierig", sagt Kufer am Rande eines Medienseminars in München gegenüber Wiener Journalisten.

Fazit: Die meisten Forschergruppen gaben die Idee auf. Kufer und sein Team - ursprünglich an der Universität in München tätig - machten aber weiter. "Es gelang uns, die bispezifischen Antikörperkonstrukte in einer einzigen Eiweißkette zu produzieren. Andere Wissenschaftergruppen hatten ihre Konstrukte in E. coli-Bakterien exprimiert. Wir verwenden Säugetierzellen, weil sich die Proteine ja auch richtig falten müssen", sagt der Wissenschafter. "Der Durchbruch kam um 1994."

'BiTE' muss kontinuierlich verarbreicht werden

Etwa zwei Jahre später konnte die Forschergruppe zeigen, dass solche 'BiTE'-Konstrukte eine Wirkung auf bösartige Zellen haben. Über das schließlich etablierte Herstellungsverfahren konnte genug Material für erste Studien an Menschen produziert werden. Doch es gab wieder Schwierigkeiten: Um die Jahrtausendwende dachte man an eine Kurzzeit-Infusion von "BiTE"-Antikörpern beim Non-Hodgkin-Lymphom. "Das war aber nicht lange genug. Das brachte uns auf höhere Dosierungen und auf die kontinuierliche Infusion. Ohne das wären wir nirgendwo hingekommen", betont Kufer. Ein Zyklus mit Dauerinfusion dauert derzeit vier Wochen.


Schließlich konnten die Wissenschafter zeigen, dass ihre "BiTE"-Konstrukte bei akuter lymphatischer Leukämie (ALL) sehr schnell bösartige weiße Blutkörperchen angriffen. "Das erfolgt besonders rasch und war sehr eindrucksvoll", sagt Kufer. Damit war die Entwicklung von Blinatumomab zu einer Therapie gegen die ALL frei.

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"Mit unseren bispezifischen Antikörperkonstrukten setzen wir den sonst 'fehlsichtigen' T-Lymphozyten als Abwehrzellen sozusagen ihre 'Brille' wieder auf. Sie werden aktiv", sagt Kufer zu dem Wirkprinzip.

Immuntherapie schützt eventuell auch vor Rückfällen

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Dadurch stehe auch eine völlig neue Strategie bei Krebserkrankungen im Raum: "Es ist klar, dass man mit neuen Therapien im Vergleich zu vorhandenen Behandlungsformen zunächst einmal Patienten im fortgeschrittenen Stadium einer Krebserkrankung behandelt. Aber wir haben erstmals gezeigt, dass man mit Blinatumomab bei Patienten mit minimaler Resterkrankung einer ALL die sonst häufig erfolgende Rückfälle verhindern kann. Wir bekommen bei Patienten auch die Resterkrankung weg", sagt Kufer. Das würde bedeuten, dass sich diese "BiTES" - und die will man für viele verschiedene Krebsformen entwickeln - auch zur frühzeitigen Bekämpfung von Mikrometastasen einsetzen könnte. Aus diesen könnten nämlich trotz Therapieerfolgen noch Jahre später Tumore entstehen.