Es ist bereits zehn Jahre her, dass Frank Madeo einen Stoff entdeckte, der das Leben verlängern kann: Spermidin hat seither nicht nur seine Forscherkarriere an der Uni Graz maßgeblich geprägt, es forschen mehr als 80 Teams auf der ganzen Welt zu den Effekten dieser körpereigenen Substanz, die in höchster Konzentration im Sperma vorkommt. Was Spermidin so bedeutsam macht: Dieser Stoff kann in den Körperzellen jenen Prozess auslösen, derdie Zellen gesund und leistungsfähig erhält - die Autophagie.
„Bekommen Zellen keine Nahrung von außen, beginnen sie, alles zu verdauen, was sich innerhalb der Zelle angesammelt hat“, beschreibt Madeo die Autophagie. Die Zelle recycelt Abfallprodukte, gewinnt dadurch Energie, wird aber gleichzeitig auch jene schädlichen Stoffe los, die sie an ihrer gesunden Funktion hindern. Madeo vergleicht das mit einer „Katharsis“, einem Reinigungsprogramm für die Zellen. Doch: Je älter wir werden, desto schlechter funktioniert das Aufräumen.
Spermedin gegen Alterserkrankungen
„Der wichtigste Faktor, um die Autophagie auszulösen, ist das Fasten. Aber nicht jeder kann oder will fasten“, sagt Madeo - hier kommt Spermidin ins Spiel. Dieser Stoff kann die Effekte des Fastens imitieren und so ebenfalls Autophagie anstoßen - und das Grazer Start-up Longevity Labs hat nun aus Madeos Forschung ein Nahrungsergänzungsmittel gemacht.
„Die Ergebnisse, die wir bei Spermidin gesehen haben, passen fantastisch für die Themen Alter und Demenz.“
Diese Ergebnisse sind: Schon in Tierstudien wurde gezeigt, dass Spermidin gegen den geistigen Abbauwirkt - diese Ergebnisse wurden nun in einer Studie der Charité Berlin auch für den Menschen belegt. Spermidin zeigt ebenfalls Wirkung auf das Herz: Eine Studie der Med Uni Innsbruck belegt, dass Menschen, die sich spermidinreich ernähren, ein um 50 Prozent geringeres Risiko haben, an einem Herzinfarkt zu sterben. Zusammengefasst: Spermidin ist ein Stoff, der gegen typische Alterserkrankungen wirkt.
Was die richtige Ernährung leisten kann
Aber kann die Substanz das Fasten ersetzen? „Nein“, sagt Madeo eindeutig - „aber die Wirkung von Spermidin kann die Effekte des Fastens unterstützen.“ Natürlich ist es auch möglich, Spermidin über die Nahrung aufzunehmen - Weizenkeime, Pilze, Erbsen, gereifter Käse, Äpfel, Salat, Nüsse oder Sojabohnen sind zum Beispiel spermidinreich. Innsbrucker Forscher rechneten vor, dass man mit zwei Portionen Vollkornbrot, zweimal Salat und einem Apfel auf dem täglichen Speiseplan schon einen Gutteil der nötigen Spermidin-Aufnahme decken könnte. „Natürlich kann man die Ernährung strikt umstellen oder regelmäßig fasten, das schaffen aber leider die wenigsten“, sagt Madeo. Das Ziel sei auch nicht, Alterserkrankungen wie Demenz oder Herzschwäche „abzuschaffen“, aber: „Wir sehen, dass die Lebensspanne der Menschen zwar immer länger wird, die Gesundheitsspanne aber nicht. Wenn wir es schaffen, diese riesige Lücke ein bisschen zu verkleinern, ist das ein Ziel, für das es sich zu arbeiten lohnt.“
Das sieht auch der Industrielle Hannes Androsch so: Er investierte drei Millionen Euro in das Grazer Start-up, dessen Sitz und Produktion in Graz liegt, und hält nun 51 Prozent am Unternehmen. „Alt werden und gesund sterben, das ist doch unser aller Ziel“, sagt Androsch.