Psychoneuroimmunologie: Hinter diesem Ungetüm von Wort verbirgt sich die Wissenschaft davon, wie psychische Konflikte, Stress und Traumata unser Immunsystem und damit unsere Gesundheit beeinflussen. „Negative wie positive psychische Einflüsse werden übersetzt in Nerventätigkeit und beeinflussen im weiteren Verlauf das Immunsystem“, sagt Christian Schubert, einer der führenden Forscher auf diesem Gebiet und Leiter des Labors für Psychoneuroimmunologie der Uniklinik Innsbruck.

Doch diese Beziehung ist keine Einbahnstraße, sondern vielmehr ein lebhaftes Wechselspiel: „Haben wir eine Verletzung oder eine Infektion, geraten kleine Immunstoffe in unser Gehirn und vermitteln dort das Gefühl, dass wir krank sind“, erklärt Schubert.

Lieber nicht "fitspritzen"

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Dass wir uns bei einer Erkältung müde fühlen, viel schlafen und wenig essen, sei kein Zeichen von Schwäche, sondern erfülle einen Zweck: „Wir sparen Energie ein und das Immunsystem kann dadurch besser arbeiten.“ Laut Schubert habe das weitreichende Konsequenzen: Es sei zum Beispiel keine gute Idee, sich mit Grippemitteln wieder fit zu machen, wenn es fürs Gesundwerden etwas ganz anderes braucht.

Landläufig wird der Zusammenhang von Psyche und körperlicher Krankheit als Psychosomatik beschrieben - die Psychoneuroimmunologie gehe aber viel weiter: „Wir untersuchen die Mechanismen, die dahinterliegen, und können sie auch im Labor nachweisen“, sagt Schubert. So wurde gezeigt, dass die Psyche die Genetik beeinflusst - „das sind handfeste medizinische Beweise, die nichts mit Esoterik zu tun haben“, sagt Schubert.

"Die Gesellschaft macht krank"

Was nun der wichtigste Faktor sei, der krank mache? „Die Gesellschaft macht krank“, antwortet Schubert. Das irre Wachstum, die Entfremdung zwischen den Menschen, der Verlust von Bedeutung in einer konsumorientierten Gesellschaft - „das sind die wirklichen Krankmacher“, so Schubert.

Es sei daher auch ein falscher Ansatz der modernen „Reparaturmedizin“, den Menschen durch Therapien an diese Gesellschaft anzupassen, ihn wieder funktionsfähig machen zu wollen. „Das Ziel einer ganzheitlichen Medizin muss es sein, dem Patienten dabei zu helfen, sein Leben und konflikthafte Beziehungen neu aufzustellen“, sagt Schubert.

Wie tief die Erkenntnisse schon heute reichen, zeigt Schubert am Beispiel Krebs: „Krebs ist keine abgeschottete Krankheit, sondern wird ebenso durch Stresshormone und das Stresssystem im Gehirn beeinflusst.“

Studien hätten gezeigt, dass Stress dazu führt, dass Krebszellen sich vermehren und Metastasen bilden - eine aktuelle Studie aus Basel, die im Fachblatt „Nature“ veröffentlicht wurde, zeigt diesen Zusammenhang bei Brustkrebs auf. „Für mich ist es ein Kunstfehler zu sagen, Krebs hat nichts mit der Psyche zu tun“, sagt Schubert. Hier sei die Psychoonkologie gefordert, mit Patienten gemeinsam Stressfaktoren zu reduzieren - und so das Gesundwerden zu unterstützen.