In Österreich wird es weiterhin keine Cannabisblüten auf Rezept geben: ÖVP und FPÖ haben im Nationalrat einen Bericht zur Kenntnis genommen, den Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein in Auftrag gegeben hatte.
Der Oberste Sanitätsrat erkennt demnach keine wissenschaftliche Evidenz für die Verschreibung von Cannabisblüten. Die Opposition kritisierte den Bericht.
In Sachen Cannabis-Blüten betonte Hartinger-Klein, dass angesichts der medizinisch-wissenschaftlichen Evidenzlage den strengen Richtlinien zur Arzneimittelzulassung nicht entsprochen werden könne. "Alles andere sind Experimente, auf die ich mich als Gesundheitsministerin nicht einlasse", sagte sie. Dass sie hier politische Intentionen verfolge und dem Obersten Sanitätsrat Vorgaben gemacht habe, wies sie zurück.
Genau das hielt ihr die Opposition vor. Gerald Loacker (NEOS) sprach von "faktenbefreiter Willkür", Maurice Androsch (SPÖ) kritisierte die Oberflächlichkeit des Berichts und Daniela Holzinger-Vogtenhuber (JETZT) das "Verschweigen zentraler wissenschaftlicher Evidenz".
Das sagen Experten
Rudolf Brenneisen zählt zu den führenden Cannabis-Forschern - er spricht sich auf dafür aus, dass die Wirkstoffe in Form von standardisierten Medikamenten abgegeben werden: "Für jedes Arzneimittel muss die Wirkung, die Qualität und die Unbedenklichkeit nachgewiesen werden. Dazu gehört auch eine immer gleiche Konzentration des Wirkstoffs in einem Heilmittel - nur so kann auch die optimale Dosis verabreicht werden. Das ist bei Cannabisblüten aber nicht möglich, da sie von Natur aus unterschiedliche Konzentrationen des Wirkstoffs enthalten - und das sogar dann, wenn sie von derselben Pflanze stammen!"
Und weiter: "Für die Industrie und den Apotheker sind Cannabisblüten ein ideales Rohmaterial, das zu Präparaten verarbeitet werden kann. Die Erkenntnis, dass man normierte und qualitativ abgesicherte Produkte bevorzugen sollte, setzt sich auch bei Patienten durch, die sich bisher unkontrolliert selbst therapieren."
„Es gibt keinen wissenschaftlichen Beweis, dass die Wirkung von Cannabisblüten besser wäre als jene der therapeutischen Reinsubstanzen“, sagte auch Brigitte Knopp vom Department für Pharmakognosie der Uni Wien.
Anders sieht das der Wiener Arzt Kurt Blaas, der in seiner Praxis Patienten mit Cannabis-Produkten behandelt. Die auf dem Arzneimittelmarkt zugelassenen pharmazeutischen Produkte bezeichnete er als "2CV", die Patienten wollten aber den "Mercedes 500" in Form von Produkten aus den natürlichen Substanzgemischen der Cannabisblüten oder in Form der Blüten selbst verwenden. "Es wird wohl allen klar sein, dass hundert Cannabinoide besser wirken als ein oder zwei."
Der Kärntner Schmerzspezialist Rudolf Likar sagt: "Wir brauchen THC und CBD als Medikamente in der Hand des Arztes, der das genau dosieren und verschreiben kann." Medizinalhanf, bei dem sich die Frage stelle, wie er kultiviert worden sei und welche Wirkstoffkonzentrationen er habe, benötige die moderne Medizin nicht.