Jetzt kocht die Kontroverse also wieder hoch: Die Med Uni Wien hat das Wahlfach Homöopathie abgeschafft, mit der Begründung, die Universität wolle sich „von unwissenschaftlichen Verfahren und Scharlatanerie klar distanzieren“. Die Wiener Patientenanwältin Sigrid Pilz legte nach und forderte ein Verkaufsverbot von Globuli und Bachblüten, da „nicht wirksame Arzneimittel nicht in den Verkauf gelangen dürfen“ (wir berichteten). Der Diskussion zugrunde liegt die Frage, ob die konventionelle Medizin mit komplementären Methoden wie der Homöopathie Hand in Hand gehen sollte – oder sich klar davon distanzieren.
Eine eindeutige Meinung vertritt Wilhelm Kaulfersch, Vorstand der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde am Klinikum Klagenfurt: „Wir haben keine Gegnerschaft, sondern eine Partnerschaft zwischen der konventionellen Medizin und der Homöopathie.“
Das bedeutet konkret: Auf der Kinderkrebsstation können Eltern auf Wunsch die Beratung den Homöopathen Erfried Pichler in Anspruch nehmen – natürlich nie statt, sondern nur zusätzlich zur schulmedizinischen Krebstherapie. Das Ziel: Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen oder Übelkeit auf diesem Weg in den Griff zu bekommen und den Kindern ein weiteres Medikament gegen die Nebenwirkungen zu ersparen.
„Für uns geht es nicht um die Frage, ob die Wirkung von Homöopathie bewiesen ist oder nicht“, sagt Kaulfersch – sondern darum, ein Angebot zu haben, das den kleinen Patienten Beschwerden nimmt und auch die Wünsche der Eltern respektiert. Denn aus Studien wisse man: „70 Prozent aller Patienten nehmen komplementärmedizinische Angebote in Anspruch, aber nur 20 Prozent sagen es ihrem Arzt.“
Gefährliche Wechselwirkung
Daraus können aber gefährliche Wechselwirkungen entstehen – im schlimmsten Fall wenden sich Patienten auf Anraten von „Wunderheilern“ völlig von der wirksamen Therapie ab. Um das zu verhindern, laufe das Angebot „in geordneten Verhältnissen, unter den Augen von Ärzten“ ab. Die Kosten für den Homöopathen übernimmt übrigens die Kinderkrebshilfe.
„Es ist sehr wichtig, dass Ärzte über alternative Methoden wie Homöopathie Bescheid wissen, damit sie Patienten aufklären können“, sagt Akos Heinemann, Leiter des Instituts für Pharmakologie an der Med Uni Graz. Methoden, die nicht verboten sind und durch die Patienten auch nicht zu Schaden kommen, könne man niemandem verwehren.
An der Grazer Med Uni gebe es zwar kein eigenes Fach zur Homöopathie, komplementäre Heilmethoden werden aber immer wieder besprochen. „Klar ist, dass die wissenschaftliche Medizin Vorrang hat“, sagt Heinemann – und daher müssen auch alle Ansätze, alternative Methoden anstelle von bewiesenen Therapien anzuwenden, dezidiert abgelehnt werden.
Miteinander
Ein Miteinander von herkömmlicher Medizin und Komplementärmedizin: Das ist es auch, was Ilse Fleck-Václavik von der Gesellschaft für Homöopathie fordert – denn: „Das bringt den Patienten den größten Vorteil.“ So bleibe auch die Entscheidung darüber, was der Patient in der Situation braucht, in den Händen von Ärzten: „Wo nützen komplementäre Methoden und wo sind ihre Grenzen, diese Frage kann nur ein Arzt beantworten“, sagt Fleck-Václavik. Die Forderung von Patientenanwältin Pilz kann sie nicht nachvollziehen: „Wir haben mündige Patienten, die Therapien frei wählen wollen, das darf ihnen nicht abgesprochen werden.“