Sie zieren immer mehr Handgelenke und sind für viele Träger zum Taktgeber des Lebens geworden: Gemachte Schritte, geschlafene Stunden, verbrauchte Kalorien - all das messen Smartwatches der neuen Generation. Doch nicht nur das: Mittels optischer Sensoren wird auch regelmäßig der Puls gemessen - was dem gesundheitsbewussten Besitzer die Frage aufdrängt: Welcher Puls ist „normal“ - und wann muss ich zum Arzt?
„Der gesunde Ruhepuls liegt zwischen 50 und 80 Schlägen pro Minute“, sagt Sabine Perl, Kardiologin an der Med Uni Graz. Den Ruhepuls misst man in Situationen, in denen man völlig entspannt ist - jede körperliche oder psychische Anstrengung hat Einfluss auf den Herzschlag. „Allein der Gedanke an etwas Beängstigendes verändert den Puls“, sagt Perl.
Dass unser Herzschlag auf unsere Aktivität reagiert, ist lebensnotwendig - tut er das nicht, könnte das ein erstes Anzeichen für eine Krankheit sein: „Steigt der Puls bei Belastung nicht an, wäre das bedenklich“, sagt Perl. Doch das ist nicht das einzige Warnsignal, das die Pulsmesser am Handgelenk aufzeichnen: Unser Herz schlägt normalerweise sehr rhythmisch - daher könne ein unregelmäßiger Pulsschlag ein Zeichen dafür sein, dass eine Rhythmusstörung des Herzens vorliegt. Manche Menschen spüren diese Extraschläge als sogenanntes „Herzstolpern“ auch ganz ohne Smartwatch, oft bleiben diese Rhythmusstörungen aber lange Zeit unentdeckt.
Vorhofflimmern entdecken
Besonders gut mittels dieser Uhren zu entdecken sei eine Erkrankung, die immer mehr Menschen betrifft: das Vorhofflimmern. Dabei kommt es zu unregelmäßigen Herzschlägen oder „Herzrasen“, das plötzlich auftritt. Das typische Erscheinungsbild in der Pulsmessung: Der Herzschlag ist eigentlich regelmäßig mit der gewohnten Frequenz und wechselt dann sprunghaft in eine deutlich höhere Frequenz. Dahinter könne ein Vorhofflimmern stecken, das oft die Folge eines unbehandelten Bluthochdrucks ist, erklärt Perl.
„Liegt der Ruhepuls permanent über 80, sollte man sich vorsichtshalber untersuchen lassen“, rät Perl. So könne auch eine Überfunktion der Schilddrüse oder eine Herzschwäche dahinterstecken. Doch sie sagt ebenso: „Menschen sollten sich durch den ständigen Blick auf die Uhr nicht stressen lassen!“ Es gibt auch alltägliche Ursachen für einen hohen Puls - wenn ein Infekt im Anmarsch ist, wir Alkohol oder zu viel Kaffee getrunken oder schlecht geschlafen haben. „Auch Übergewicht lässt den Puls ansteigen, da der Organismus überlastet ist.“
Der wichtigste Einflussfaktor auf den Ruhepuls sei aber der eigene Trainingszustand: „Steigt der Puls bei Belastung sehr schnell an, ist das ein Zeichen dafür, dass man schlecht trainiert ist.“ Das Gegenmittel: mildes Ausdauer- oder Krafttraining. Denn: „Unser Körper ist nicht dafür gemacht, auf der Couch zu liegen - er ist für Bewegung gebaut“, sagt Perl. Auch chronischer Stress wirkt sich massiv auf den Herzschlag aus - daher können auch regelmäßige Entspannungs- oder Atemübungen den Puls senken.
Prinzipiell unterstreicht die Kardiologin: „Ein niedriger Puls, vor allem bei älteren Menschen, sollte schneller zum Arzt führen als ein hoher.“ Dahinter könnte eine Störung in der Erregungsleitung liegen - das bedeutet, dass die „elektrische Leitung“, die das Herz antreibt, gestört ist. „Ist der Puls regelmäßig unter 50 oder niedriger und steigt bei Belastung nicht an, sollte man bald zum Arzt.“ Steckt eine Störung dahinter, könnte es einen Herzschrittmacher brauchen.
Tragen Sie keine smarte Uhr am Handgelenk, können Sie Ihren Puls trotzdem einfach messen: Legen Sie Zeige- und Mittelfinger auf das Handgelenk oder an die Halsschlagader und zählen Sie für eine Minute die Pulsschläge. Smart, oder?