Wie geht es Ihnen vor der entscheidenden Woche für das Volksbegehren „Don’t smoke“? Sind Sie optimistisch, sind Sie besorgt?
Hellmut Samonigg: Bis vor Kurzem war ich skeptisch, ob es noch einmal gelingt, das Thema aktuell zu machen. Doch jetzt ist das Volksbegehren wieder präsent und ich habe den Eindruck, dass die Menschen das nicht einfach hinnehmen wollen. Ich denke, dass auch jene, die durch diese Gesetzesänderung frustriert waren, nun noch einmal aufstehen und sich wehren werden. Jetzt erst recht, ist die Devise.
Ein Ziel, das viele angeben, sind 900.000 Unterschriften – ab dieser Zahl hatte Vizekanzler Strache eine Volksabstimmung zugesichert. Wissen Sie, ob Straches Zusage halten wird?
Nein, Garantie haben wir natürlich keine. Doch mit jeder Stimme, die über die 900.000 hinausgeht, wird es argumentatorisch für die Regierung schwieriger, die Zusage nicht einzuhalten.
Heute sind Sie Rektor der Med Uni Graz, davor waren Sie als Krebsmediziner tagtäglich mit den Konsequenzen des Rauchens konfrontiert. Wie gehen Menschen damit um, wenn sie durchs Rauchen krank werden?
Reue ist dabei nur selten ein Thema, das sie offen ansprechen. Natürlich wissen nahezu alle Patienten über die Zusammenhänge Bescheid, vermeiden die Frage nach der Ursache aber weitgehend. Kurt Kuch war da eine große Ausnahme. Die Last, sich einzugestehen, das Rauchen war schuld, ist so groß, dass die Betroffenen es verdrängen. Es hilft ja auch nichts, sich einzugestehen, dass an der lebensbedrohlichen Situation das eigene Verhalten zum Teil mitverantwortlich ist.
Um wen geht es beim Volksbegehren vor allem: Raucher, Nichtraucher oder Noch-Nichtraucher?
Wir richten uns nicht gegen die Raucher mit dem Vorwurf: Was macht ihr da eigentlich? Darum geht es ganz und gar nicht! Vielmehr ist es der Appell, dass Raucher selbst dazu beitragen, dass möglichst wenige Menschen mit dem Rauchen anfangen. Dass sie sagen: Ich komme nicht vom Rauchen weg, es ist keine gute Idee, damit anzufangen, und ich bin bereit, vor das Lokal zu gehen und nicht offensiv vor meinen Kindern zu rauchen. Der Appell an die Nichtraucher ist, vorbildhaft zu bleiben – und Noch-Nichtraucher sollte es gar nicht geben. Doch vor allem richtet sich der Appell an die Politik, damit sie endlich Bedingungen dafür schafft, dass das jetzige Gefühl, rauchen ist normal, zurückgedrängt wird. Es braucht das gesellschaftliche Verständnis: Rauchen ist nicht gut und wir wollen allen helfen, nie damit anzufangen.
Viele Menschen unterstützen das Volksbegehren, weil sie als Nichtraucher nicht den Rauch der anderen einatmen wollen. Was macht Passivrauch so gefährlich?
Im Passivrauch sind alle giftigen Substanzen enthalten, die auch der Raucher inhaliert – zum Teil sogar noch schädlicher. Schon nach einer halben Stunde im Passivrauch kann man die Auswirkungen auf die Lunge, die Blutgefäße, auf das Immunsystem messen. So laufen die Auswirkungen beim Passivraucher gleich ab wie beim aktiven Raucher. Es ist ein Witz, dass Menschen dem ausgesetzt sind, obwohl sie selbst nicht rauchen.
Auf den Tag genau heute vor vier Jahren haben Sie mit Kurt Kuch, der inzwischen an Lungenkrebs verstorben ist, die Initiative gegründet. Was hat sich seither in der Gesellschaft getan?
Damals gelang es uns ja innerhalb von acht Monaten, dass die damalige Regierung das absolute Rauchverbot in der Gastronomie beschlossen hat. Es hätte ja keiner geglaubt, dass das Verbot wieder gekippt wird. Wir haben schon damals gespürt, dass es in der Bevölkerung ein großes Echo gibt. Laut Befragung sind 70 Prozent der Bevölkerung für ein absolutes Rauchverbot. Dass die Bewusstseinsbildung voranschreitet, sieht man auch daran, dass Gaststätten freiwillig umstellen und immer mehr Leute nur in solche Lokale gehen. Doch um wirklich voranzukommen, müsste das Verbot umgesetzt werden.
Wie viel kann das Verbot wirklich bewirken?
Das ist ja alles schon bewiesen. Es gibt zentrale Maßnahmen zur Tabakkontrolle, an erster Stelle stehen dabei höhere Steuern auf Tabakprodukte. Da hat unsere Bundesregierung schlauerweise beschlossen, die Steuern ab 2019 nicht mehr anzuheben. An zweiter Stelle kommen Rauchverbote in öffentlichen Räumen, dazu zählt die Gastronomie. Ein weiterer Punkt ist die Bewusstseinsbildung – wenn Vizekanzler und Verteidigungsminister aber Gesetze brechen und im Rauchverbot rauchen, bewirkt das genau das Gegenteil.
Was ist für Sie ein erfolgreicher Ausgang des Volksbegehrens?
Es wird jedenfalls erfolgreich sein. Selbst wenn es das Rauchverbot nicht zurückbringt, ist es ein wesentlicher Baustein, damit das Thema nicht einfach vom Tisch gewischt wird. Wir werden ja auch nicht nachlassen. Wir dürfen nicht länger zulassen, dass alle 41 Minuten ein Mensch in Österreich an den Folgen des Rauchens stirbt. Gleichzeitig wird eine enorme Menge Steuergeld durch die Gesundheitskosten verbraten. Da schaut die Regierung zu, obwohl es Mittel gäbe, um Menschenleben zu retten.