Es sei eine langfristige Gesundheitsvorsorge für ein neu geborenes Leben: Damit werben private Anbieter dafür, das Nabelschnurblut des eigenen Kindes einfrieren zu lassen. Die Hoffnung: Die darin enthaltenen Stammzellen könnten dem Kind im späteren Leben als eine Art Ersatzteillager zur Verfügung stehen. Nur: Wie sinnvoll ist das, welche Einsatzmöglichkeiten gibt es wirklich?

Die Stammzellen, die aus der Nabelschnur direkt nach der Geburt entnommen werden, sind keine embryonalen Stammzellen, also keine Alleskönner: Vielmehr sind es blutbildende Stammzellen, die bei Erkrankungen wie Leukämie helfen können. Aber: „Bei genetischen Erkrankungen wie Leukämie fürchtet man, dass der Defekt bereits in den Stammzellen vorhanden ist und man die Leukämie mittransplantiert“, sagt Peter Schlenke, Vorstand der Uniklinik für Blutgruppenserologie Graz.

Daher werde heute auch nur noch in Ausnahmefällen, wenn kein verwandter oder nichtverwandter Stammzellspender gefunden werden kann, eine Transplantation mit Stammzellen aus Nabelschnurblut durchgeführt. Laut Schlenke gab es in Deutschland in den Jahren 2015/16 null Transplantationen mit Nabelschnurblut. „Die Erwartungen, die es Ende der 1980er-Jahre gab, wurden nicht Realität“, sagt Schlenke.

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Ab 990 Euro

Vita34 ist der größte Anbieter im deutschsprachigen Raum: 200.000 Proben lagern bei minus 180 Grad in der Stammzellbank in Leipzig - erst 34 davon wurden für Anwendungen wieder aufgetaut. Ab 990 Euro plus einer jährlichen Lagergebühr können Eltern dort das Nabelschnurblut des Kindes aufheben - für eine zukünftige Anwendung? Hoffnungen setzt man in die regenerative Medizin, zum Beispiel bei Kindern, die bei der Geburt einen Hirnschaden erleiden.

Die Amerikanerin Joanne Kurtzberg forscht seit 30 Jahren mit Stammzellen aus Nabelschnurblut: Bei einer Konferenz an der Charité Berlin präsentierte sie Fälle von Kindern, die durch einen Sauerstoffmangel bei der Geburt an spastischen Lähmungen litten und die sie mit Stammzellen aus Nabelschnurblut behandelt hat. Die Kinder entwickelten sich besser, als erwartbar war.

Nur: Neben einzelnen Fallbeschreibungen fehlt es an gesicherten klinischen Studien dazu, wie Stammzellen tatsächlich wirken. Vita34 verweist hingegen auf 1300 klinische Studien, die momentan mit Nabelschnurblut am Laufen sind.

Keine unrealistischen Versprechungen

Die steirischen LKHs haben aber aufgrund der „fehlenden wissenschaftlichen Beweise“ keinen Vertrag mit dem privaten Anbieter - die Entnahme von Nabelschnurblut ist dort nicht möglich.

Auch die österreichische Stammzellgesellschaft sieht das Geschäft mit Nabelschnurblut sehr kritisch: „Bis heute gibt es keine gesicherten Daten, dass der Patient einen Vorteil hat“, sagt Präsident und Stammzellforscher Frank Edenhofer. Außerdem sei es durch moderne Methoden möglich, embryonale Stammzellen im Labor herzustellen.

Kritisch, aber nicht kategorisch ablehnend äußert sich Wolfgang Schöll von der Grazer Uniklinik für Geburtshilfe: „Es ist nicht unmöglich, dass das Blut in Zukunft einmal nutzbar sein wird.“ Schlussendlich müssen Eltern die Entscheidung selbst treffen - ohne dass ihnen unrealistische Versprechungen gemacht werden.