Ganz oder gar nicht: Jahrzehntelang war dies die einzige Wahl, die Patienten hatten, wenn die Frage nach einer Knieprothese im Raum stand. Das bedeutet, dass man entweder das komplette Gelenk ausgetauscht bekam oder weiterhin vor den Schmerzen in die Knie gehen musste. Denn Letztere blieben trotz intensiver Behandlung mit Kortison und Co. vielfach erhalten.

Die gute Nachricht für die Betroffenen: In letzter Zeit ist die Teilprothese als hochwertige Alternative zum Komplettimplantat hinzugekommen. „Dabei wird nur der beschädigte Gelenksbereich ersetzt. Alle intakten Teile, besonders die Kreuzbänder, bleiben erhalten“, erklärt Gerald Gruber, Leiter der Sektion Knorpel-, Sport- und Gelenkschirurgie der Uniklinik für Orthopädie und Traumatologie.

Infektionsrisiko bis zu fünf Mal geringer

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Das sind die Vorteile: Das Risiko von Infektionen, Thrombosen und Embolien ist bei Teilprothesen bis zu fünf Mal geringer, die Belastung für den Körper bei der OP sowie die Wahrscheinlichkeit, dass dabei eine Bluttransfusion notwendig ist, sind niedriger.

Zudem ist es viel einfacher, das Implantat im Bedarfsfall zu ersetzen. Der größte Pluspunkt ist jedoch, dass die Patienten weitaus schneller wieder mobil sind. Bis zu 90 Prozent der Betroffenen können ihre Sport- und Freizeitaktivitäten wieder ausüben.

„Bei der Teilprothese bleibt das Kniegefühl erhalten. Bewegungsabläufe sind somit leichter spürbar und man ist rascher wieder auf den Beinen“, sagt Gruber. 

„Ich kann wirklich alles wieder machen und brauche kein einziges Schmerzmittel mehr“, bestätigt Ingrid Streitmeier. Die Kärntnerin hat in beiden Knien Teilprothesen – im November 2016 wurde das linke, ein Jahr darauf das rechte damit bestückt. Heute ist der Heilungsprozess längst abgeschlossen, eine langwierige Reha ist ihr erspart geblieben.

„Ich kann noch immer nicht glauben, dass sich das alles so gut entwickelt hat. 15 Jahre lang habe ich unter den Schmerzen gelitten, habe unzählige Spritzen bekommen, Medikamente geschluckt und mich nur noch in Schonhaltung bewegt“, erzählt die Pensionistin.

Patientin mit Arzt Gruber
Patientin mit Arzt Gruber © (c) LKH_Univ_Klinikum Graz

Von einer Operation sei ihr oft abgeraten worden. Die Belastung wäre zu groß, hieß es. Oder auch: Sie sei noch zu jung. „Ein Teilimplantat war lange Zeit kein Thema, denn dass es diese Möglichkeit überhaupt gibt, wissen nicht alle Ärzte“, sagt sie.

Erst ein niedergelassener Chirurg zeigte ihr den Weg auf, der sie ans Klinikum Graz führte. „Dann ging alles reibungslos. Mit einer einjährigen Pause zwischen den Eingriffen, damit alles gut verheilen kann“, erklärt sie. „Ich kann mich heute sogar wieder hinhocken. Der Eingriff ist wirklich nicht so schlimm, wie viele meinen. Ich bin wenige Wochen danach wieder Auto gefahren.“

Volkskrankheit Arthrose

Während bei Ingrid Streitmeier eine Fehlstellung der Beine letztlich die Teilknieprothese notwendig machte, sei die Hauptursache für die Implantate meist die Volkskrankheit Arthrose, die man mithilfe einer Prothese in den Griff bekommen kann, klärt Gruber auf. Und zwar – wie aktuelle Studien bestätigten – über Jahrzehnte.

Wissenschaftlich dokumentiert ist, dass 80 bis 93 Prozent der Teilprothesen auch nach zehn bis 20 Jahren voll funktionstüchtig sind. „Damit liegen sie nahezu gleichauf mit der Haltbarkeit von Totalimplantaten – freilich immer vorausgesetzt, dass die Teilprothesen auch ordnungsgemäß eingesetzt wurden“, weiß der Spezialist. Sofern genügend Knochen- und Knorpelsubstanz vorhanden ist und auch die Bänder intakt sind, spricht nichts gegen ein Teilimplantat.