41.000 Menschen haben sich heuer in Europa bereits mit den Masern infiziert: Diese alarmierende Zahl meldet die Weltgesundheitsorganisation. Auch in Österreich sind bereits 62 Masernfälle gemeldet worden - wodurch auch die Frage wieder laut wird: Braucht Österreich die Impfpflicht?
Verpflichtung "unumgänglich"
Ein vehementer Befürworter der Impfpflicht ist Volksanwalt Günther Kräuter: "Wenn Appelle und Aufklärungskampagnen nicht zum Ziel führen, ist ein verpflichtender Impfschutz unumgänglich." Konkret schlug der Volksanwalt vor, Impfungen an die volle Auszahlung von Sozialleistungen im Rahmen des Mutter-Kind-Passes zu knüpfen. Dieser Antrag, die Impfpflicht in den Mutter-Kind-Pass aufzunehmen, werde auch bei der Gesundheitsministerin vorgebracht, hieß es vom Volksanwalt.
Erst ab einer Durchimpfungsrate von 95 Prozent sind auch Menschen geschützt, die nicht gegen Masern geimpft werden können, wie etwa Säuglinge, Krebspatienten oder Menschen mit geschwächtem Immunsystem.
Impfen für Kindergarten
Für den Pädiater Werner Zenz von der Grazer LKH-Unikinderklinik ist das ein Argument für eine Impfpflicht. Was er sich vorstellen kann: "Der Kindergarten ist eine soziale Leistung - diesen sollten nur jene Kinder in Anspruch nehmen dürfen, die geimpft sind." Nur so könnten Kinder, die zum Beispiel an Leukämie oder einer Autoimmun-Erkrankung leiden und deshalb nicht geimpft werden können, vor einer Ansteckung geschützt werden. Eine "komplette" Impfpflicht, wie es sie zum Beispiel in Italien gibt, hält Zenz aber vor allem politisch für nicht umsetzbar.
Angst vor Trotzreaktion
In den USA hat die Impfpflicht dazu geführt, dass die Masern ausgerottet wurden – für Österreich sei die allgemeine Impfpflicht aber laut dem Kinder- und Jugendfacharzt Hans Jürgen Dornbusch wohl nicht der richtige Weg: „Viel wichtiger ist eine intensivere Aufklärung.“ Einerseits müsse man durch Kampagnen die Bevölkerung erreichen, andererseits seien aber auch Ärzte in der Pflicht. „Jeder Besuch beim Arzt sollte dazu genutzt werden, nach dem Impfpass und möglichen Impflücken zu fragen“, sagt Dornbusch. Eine Zwangsmaßnahme wie die Impfpflicht könnte dazu führen, dass "aus Trotz" Impfungen boykottiert werden.