Lange Arbeitstage, die sich in die Nächte hineinziehen, ausgelassenes Feiern, das die geschlafenen Stunden schrumpfen lässt, das blaue Licht der smarten Begleiter, das den Tag-Nacht-Rhythmus stört: Wir schlafen zu wenig. Dass wir eine Gesellschaft der Unausgeschlafenen sind, ist nicht neu, aber wissenschaftlich belegt: Im Jahr 1975 waren es noch 7,6 Prozent der Menschen, die weniger als sechs Stunden pro Nacht geschlafen haben - heute sind es 9,3 Prozent. „Kurzschläfer“ nennt Boris Fugger vom Schlaflabor Villach diese Gruppe - und kennt auch die Folgen der chronischen Müdigkeit.

Dauer versus Qualität

Doch zunächst gilt es zu unterscheiden: Bekommt man zu wenige Stunden an Schlaf - oder ist die Schlafqualität in den geschlafenen Stunden lausig? Seien es der Stress im Job, Probleme im Familienleben oder eben das blaue Licht der Bildschirme, das die Produktion des Schlafhormons Melatonin hemmt: All das kann dazu führen, dass man zwar sieben bis neun Stunden schläft, aber trotzdem nicht ausgeschlafen ist.

Gleichzeitig ist aber auch zu viel Schlaf nicht gesund: Weniger als sieben oder mehr als neun Stunden Schlaf, beides wirkt sich negativ auf den Organismus aus. Zunächst leidet die Konzentrationsfähigkeit, wenn wir müde sind: Ein erhöhtes Risiko für Verkehrs- oder Arbeitsunfälle ist die Folge. Auch die Stimmung leidet, wenn wir unausgeschlafen sind: „Man ist gereizter, trauriger und hat weniger Lust auf Dinge, die einem eigentlich Freude machen.“

Blutdruck steigt

Hält der Schlafmangel über längere Zeit an, steigt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Der Blutdruck wird höher, die Gefahr eines Herzinfarkts steigt. Der Schlafmangel hat aber auch Effekte auf das Altern, wie Chronobiologe Maximilian Moser erklärt, und er vergleicht die Schlafbilanz mit einem Sparbuch: „Von unserem Sparbuch an Lebensenergie wird tagsüber abgebucht, nachts wird zurückgebucht, der Körper regeneriert sich.“ Wer jedoch wenig schläft, regeneriert sich auch weniger - und altert dadurch schneller.

Und: Wer wenig schläft, isst mehr. Das habe damit zu tun, dass jene Hormone, die Appetit und Sättigung steuern, aus der Balance geraten, wenn wir gegen unsere innere Uhr leben. Besonders stark sei dieses Problem bei Schichtarbeitern: „Wer in der Nacht arbeitet, ist zu einer Zeit wach, in der der Körper auf Schlaf eingestellt ist“, sagt Fugger. „Das erzeugt Stress und Stress macht hungrig.“

Insomnie

Bringen sich die Kurzschläfer meist selbst um den Schlaf, wollen Menschen, die an Schlaflosigkeit leiden, schlafen - können es aber nicht. Halten Ein- oder Durchschlafprobleme für zwei bis drei Monate an, spricht man von der Insomnie. „Hier sind die gesundheitlichen Risiken stärker ausgeprägt“, sagt Fugger. So funktioniere das System zwischen Erregungs- und Entspannungszuständen im Körper nicht mehr. „Dadurch sinkt auch der Blutdruck in der Nacht nicht ab“, sagt Fugger. Das zeige sich in der 24-Stunden-Blutdruckmessung.

Bei krankhafter Schlaflosigkeit werden Patienten in erster Linie mit Entspannungstherapien behandelt und die Schlafhygiene wird verbessert. „Medikamente sollten, wenn überhaupt, nur gezielt und für kurze Zeit eingesetzt werden“, sagt Fugger.