Die Wand ist hellgelb. An einem Nagel hängt eine alte Wanduhr, wie man sie heute nicht mehr kaufen kann. Auf der kleinen Kredenz aus dunklem Holz liegt ein abgegriffenes Buch, die Teekanne auf dem Tisch ist aus schwerem Metall. Das Zimmer wirkt wie aus der Zeit gefallen in dem sonst modern eingerichteten Pflegeheim Lebensalm der Lebenshilfe in Ebenthal. Und genauso soll es auch sein: vielleicht altmodisch, aber eben so wie früher. Denn seine Bewohner leben meist nicht im Heute, sondern in einer vergangenen Zeit.

Immer mehr Patienten mit Demenz

Das Zimmer ist Teil der neuen Demenzstation, die speziell für Menschen mit Alzheimer und anderen Demenzformen eingerichtet wurde. Christine Kogler und Andrea Urban, die den Pflegedienst leiten, sagen, dass in den letzten Jahren der Bedarf immer größer geworden sei, immer mehr Klienten mit Demenz seien gekommen - und finden jetzt ein Zuhause, das dem alten möglichst ähnlich sein soll.

Demenzstation im Pflegeheim Lebensalm
Demenzstation im Pflegeheim Lebensalm © (c) Markus Traussnig
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Die eigenen Kästen, Bilder von früher, der Fernsehsessel von zu Hause: All das sollen die Bewohner mitbringen, damit sie sich leichter zurechtfinden. Doch noch mehr gilt es zu beachten: Die Beleuchtung ist sehr hell, um Stürze zu vermeiden. Spiegel gibt es in den Zimmern nicht, da sich Demenzbetroffene selbst meist nicht erkennen - und sich vor dem Fremden im Spiegel erschrecken. "Aber auf Fotos, auf denen sie 20 Jahre alt sind, erkennen sie sich", sagt Fachsozialbetreuerin Rosemarie Peresich.

Das frühere Leben erforschen

19 Mitarbeiter wurden wie sie speziell für die Pflege von Demenzpatienten ausgebildet. Ein Satz ist für sie alle zentral: Wir gehen in den Schuhen des anderen. "Wir versuchen, unsere Klienten dort abzuholen, wo sie gerade sind", sagt Peresich. Das kann der Weg zur Arbeit oder der fällige Besuch bei der schon lange verstorbenen Mutter sein, der Demenzkranke davonlaufen lässt. "Werden sie dann nicht verstanden, geraten sie in Panik", sagt Peresich.

Berührungen statt Sprache
Berührungen statt Sprache © (c) Markus Traussnig

Um das Einfühlen und Abholen zu perfektionieren, gibt es im Pflegeheim eine Aktivität namens Biografie. Dabei wird das Leben der Klienten erforscht, um sie auf ihrer Reise durch die Vergangenheit leichter finden zu können. Aber auch gemeinsames Kochen, Nähen, Basteln oder Singen stehen auf dem Tagesplan: für jeden das, was er gerne macht.

Im Sinnesgarten
Im Sinnesgarten © (c) Markus Traussnig

Im Sinnesgarten

Bei Herrn Schmied war es das Schreiben. Und so hält er auch heute noch ein selbst geschriebenes Gedicht in der Hand, als er von früher erzählt, als er als Reiseleiter Touristen durch Kärnten begleitet hat. Heute spaziert er durch den Sinnesgarten des Heims, wo Früchte und Kräuter wachsen und die neu eingezogenen Hasen über die Wiese hoppeln. "Das ist schon sehr schön hier", sagt Herr Schmied. Von welchem Hier er gerade spricht, weiß nur er.