Die Stickoxide (NOx) in den Dieselabgasen verursachen jährlich weltweit rund 108.000 vorzeitige Todesfälle, berechnete ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung. Mehr als ein Drittel (38.000) rühren daher, dass die Werte aus den Labormessungen auf der Straße weit überschritten werden, so die Forscher im Fachjournal "Nature". Die meisten Toten forderten NOx in Europa, Indien und China.

Die Forscher um Joshua Miller vom "International Council of Clean Transportation" in Washington DC (USA) analysierten Daten aus den elf weltweit wichtigsten Automärkten (u.a. Europa, USA, Kanada, Indien, China, Brasilien, Japan), wo über vier Fünftel der Fahrzeuge weltweit verkauft werden. Sie fanden heraus, dass die dort im Jahr 2015 erstandenen Vehikel 13,2 Millionen Tonnen NOx emittierten. 8,6 Millionen Tonnen würden sie ausstoßen, wenn die offiziellen Laborwerte von den Zulassungstests auch auf der Straße nicht überschritten würden, das heißt, es wurden 4,6 Millionen Tonnen Stickoxide zu viel freigesetzt.

Personenkraftwagen emittierten 2015 im Alltag auf der Straße mehr als doppelt so viel Stickoxide wie bei den Labormessungen zur Zulassung, Lastkraftwagen das eineinhalbfache, so die Forscher. Dafür gebe es verschiedenste Gründe: Details in den Motoreneinstellungen, inadäquate Wartung, Veränderungen an den Fahrzeugen durch die Besitzer, Betrügereien von den Herstellern bei den Tests und schlichtweg ungenügende Test-Prozeduren.

Drei Viertel der zusätzlichen Emissionen gehen zu Lasten des Schwerverkehrs, die Verursacher sind also Lkw und Busse, so die Forscher. Bei den Pkw stammen fast 70 Prozent der zusätzlichen Emissionen aus der EU. Sie seien hier auch für jeden zehnten Todesfall durch die Ozonbelastung verantwortlich.

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EU, Indien und China am meisten betroffen

Insgesamt waren die Stickoxide in den Dieselabgasen weltweit schuld an 107.600 frühzeitigen Todesfällen, 38.000 davon gehen zu Lasten der zusätzlichen Emissionen auf der Straße im Vergleich zu den Labortests, erklärte Zbigniew Klimont vom Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg im Gespräch mit der APA. Am meisten betroffen waren drei Regionen, in denen vier Fünftel dieser Todesfälle passierten: die EU, Indien und China.

In Europa wurde Diesel bei den NOx-Emissionen gegenüber Benzin lange Zeit bevorzugt, weil er weniger vom Treibhausgas Kohlendioxid verursacht, so der Forscher. Deshalb durften Diesel-Fahrzeuge in der EU viel mehr Stickoxide als Benziner ausstoßen, was erst mit der aktuellen Euro-6 Norm abgestellt wurde. In den USA galten für Diesel-Fahrzeuge hingegen bezüglich der Stickoxide stets die selben Regeln wie für Benziner, deshalb gebe es dort weniger NOx-Todesopfer als in der EU. Indien habe die selbe Taktik verfolgt wie die EU und deshalb die selben Probleme, sagte Klimont. In China wiederum sei der starke Schwerverkehr das Hauptproblem, und aufgrund der hohen Bevölkerungszahlen gebe es dort auch mehr Opfer.

Mehr Verkehr in Schwellenländern

Durch den steigenden Verkehr vor allem in Schwellenländern wie Brasilien, Indien und China, aber auch in Australien erwarten die Forscher eine Verschärfung des Problems, wenn die Politik nicht einschreitet. 2040 würden die Stickoxid-Abgase dann sogar 183.600 frühzeitige Tote fordern.

In Europa sei die Euro-6 Norm schon ein großer Schritt in die richtige Richtung gewesen, meint Klimont. Ab Herbst werden neue Autos hier auch verbindlich mit portablen Emissionsmesssystemen getestet, die während des Beschleunigens, bei niedrigen Temperaturen, Bergfahrten und ähnlichen Bedingungen die realen Abgaswerte ermitteln. Das ist eine viel strengere Vorgabe als bisher, wodurch die realen Stickstoffoxid-Werte, die an die Umgebung abgegeben werden, deutlich nach unten wandern sollten. Wichtig sei nun, dass auch etwa China, Mexiko, Russland und Brasilien solche Standards einführen, so der Forscher.

Stickstoffoxide schädigen die Lunge, führen zu Bronchitis und tragen entscheidend bei zur Entstehung von Feinstaub sowie bodennahem Ozon, das ein starkes Reizmittel für die Atemwege ist. Sie erhöhen das Risiko zum Beispiel für Schlaganfälle, Herz-Kreislauferkrankungen und Lungenkrebs.