Wenn andere Therapien versagen oder Patienten unter den Nebenwirkungen von anderen Schmerzmitteln leiden, dann sollen die Kosten für Cannabis-Präparate von der Sozialversicherung übernommen werden. Das fordert Volksanwalt Günther Kräuter heute bei einem Pressegespräch und mischt sich damit auch in die Diskussion rund um den Einsatz von Cannabis in der Medizin ein.
Der Volksanwalt ortet zwar eine positive Tendenz, da Ärzte Cannabis-Präparate öfter verschreiben und auch Kassen die Kosten öfter übernehmen. Aber die Kostenübernahme sei jedoch noch sehr uneinheitlich und abhängig vom Bundesland. Das führt dazu, dass Patienten selbst Cannabis anbauen oder zu fragwürdigen Präparaten aus dem Internet greifen - ein gefährlicher Trend, da der Wirkstoffgehalt bei diesen Produkten völlig unklar ist.
Dünne Studienlage
Das begründet sich auch darin, dass es keine einheitliche Verschreibungspraxis für Cannabis gibt - die Studienlage zu der alten Heilpflanze ist dünn. Bevor daher über eine einheitliche Kostenübernahme diskutiert werden kann, muss die Forschung aufholen und jene Krankheitsbilder und Anwendungen finden, bei denen Cannabis am besten hilft.
Damit Krankenkassen für ein Medikament bezahlen, muss die Wirkung bewiesen sein - für Cannabis gibt es trotz guter Erfahrungen nur für wenige Anwendungsbereiche wissenschaftliche Studien, die die Wirksamkeit belegen. Es brauche laut dem Cannabis-Experten Kurt Blaas mehr Forschung - oder eine gesetzliche Grundlage wie in Deutschland.
Expertengruppe gefordert
Volksanwalt Kräuter appelliert daher an das Gesundheitsministerium, eine Expertengruppe einzusetzen. Damit folgt er der Ärzteschaft, die für eine "Entmystifizierung" von Cannabis eintritt. "Die Wirkung der pharmazeutischen Präparate ist nur unzureichend untersucht und nachgewiesen", sagt der Psychiater Wolfgang Fleischhacker.
Heute werden Cannabis-Präparate meist als Mittel der letzten Wahl eingesetzt - also dann, wenn andere Medikamente nicht mehr wirken. Häufige Anwendungsbereiche sind: Übelkeit und Erbrechen bei Chemotherapien, Appetitlosigkeit und Schmerzen bei fortgeschrittenen Tumorerkrankungen, chronische Schmerzen, Muskelspasmen bei multipler Sklerose oder Parkinson, rheumatische Erkrankungen, Tourettesyndrom und Depressionen.
Sonja Saurugger