Herr Jungaberle, mit dem Programm „Rebound“ haben Sie ein erfolgreiches Präventionsprogramm ins Leben gerufen. Was haben Sie anders gemacht?

HENRIK JUNGABERLE: Prävention wird in Schulen ja meist als kleine Veranstaltung nebenbei durchgeführt, typisch sind Auftritte von Ärzten oder Polizisten, die Furchtappelle weitergeben. Mit „Rebound“ versuchen wir, mit jungen Menschen auf Augenhöhe zu sprechen. Jede Einheit ist um einen Kurzfilm gebaut und in Diskussionen wollen wir Jugendliche dabei unterstützen, mit Risikosituationen umzugehen. Es gibt ja auch schöne Seiten am Alkoholkonsum, und damit das nicht unrealistisch wird, wird das auch hergezeigt.

Was ist denn entscheidend, um Sucht vorzubeugen?

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JUNGABERLE: Viele Studien haben gezeigt, dass man Sucht am besten vorbeugt, indem man die Selbstwirksamkeit von Menschen fördert. Das heißt: Kinder sollten lernen, sich etwas zuzutrauen, ihre Gefühle wahrzunehmen und sich Ziele zu setzen. Aber in der Politik besteht noch wenig Interesse, das zu fördern.

Henrik Jungaberle, Suchtexperte
Henrik Jungaberle, Suchtexperte © (c) Picasa

Gerade in der Pubertät, wenn Alkohol interessant wird, verlieren Eltern oft den Zugang zu ihren Kindern. Welche Ratschläge haben Sie für Eltern in dieser Zeit?

JUNGABERLE: Der erste Rat ist, eben nicht den Kontakt zu verlieren. Wenn die Eltern das selbst nicht schaffen, funktioniert es vielleicht über eine Art Mentor: ein Freund oder die Tante, die noch dranbleibt. Ich rate Eltern auch, nicht zu verzweifelt zu sein, wenn die eigenen Kinder einmal über die Grenzen schlagen. Grenzen auszutesten, ist ein typisches Verhalten in der Pubertät. Und schließlich sollten sich Eltern untereinander absprechen, wann ihre Kinder zu Hause sein sollten - Kinder spielen ihre Eltern sonst gegeneinander aus.

In unserer Gesellschaft ist Alkohol omnipräsent - bräuchte es auch eine strengere gesetzliche Regelung wie beim Rauchen?

JUNGABERLE: Alkohol ist die schädlichste Droge in unserer Gesellschaft, aber unsere Normen sind von der Industrie und der Werbung derart weichgespült, dass es gesetzliche Regelungen bräuchte. Ein Verbot für Alkoholwerbung im öffentlichen Raum, auch im Fernsehen, würde sicher etwas bringen. Ein paar Cent Risikosteuer auf Alkohol sollte es auch geben - denn es gibt hier eine Industrie, die sehr viel verdient, aber fast nichts dazu beiträgt, dass die negativen Folgen abgefangen werden.