Liebe Frau Dr. Bragagna!
Nachdem mein Mann und ich es zwei Jahre versucht haben, bin ich nun schwanger! Wir freuen uns sehr auf das Baby, das in zwei Monaten zur Welt kommen soll. Ich habe jedoch eine Sorge: Mein Mann möchte seit einigen Wochen nicht mehr mit mir schlafen, er meint, das könnte dem Baby schaden. Auch ich bin unsicher, ob Sex noch erlaubt ist - vor meinem Gynäkologen ist mir diese Frage peinlich! Andererseits habe ich Angst, dass mein Mann das sexuelle Interesse an mir verlieren könnte - wir werden ja auch nach der Geburt einige Zeit keinen Sex haben können, denke ich. Können Sie mir Ratschläge geben?
ELIA BRAGAGNA ANTWORTET: Sie hätten ruhig Ihren Gynäkologen auf das Thema ansprechen können, denn es ist ja seine Aufgabe, Sie durch die Schwangerschaft zu begleiten und auch in Bezug auf Sexualität während und nach der Schwangerschaft zu beraten.
So wie Sie und Ihr Partner reagieren viele Paare. Solange Ihr Gynäkologe Ihre Schwangerschaft nicht als eine Risikoschwangerschaft deklariert hat und Sie nicht an Erkrankungen leiden, die gegen Sexualität sprechen, können Sie diese genießen. Sie sollten aber mit Ihrem Partner besprechen, welche Stellungen angenehmer sind und welche Berührungen Ihnen guttun, denn das kann sich im Verlauf der Schwangerschaft ändern.
Dreierkonstellation
Ganz allgemein möchte ich Ihnen zur Zeit nach der Schwangerschaft noch Folgendes sagen: Die Sexualität nach der Schwangerschaft kann für viele Paare eine Herausforderung darstellen. Sowohl die Frau als auch der Mann befinden sich in einer vollkommen neuen Situation. Sie müssen sich auf eine neue Rolle einstellen und sich ihren Platz in der Dreierkonstellation erarbeiten.
Da kann es vorkommen, dass einer der beiden das Gefühl hat, zu kurz zu kommen. Die Frau muss die starken Veränderungen, die ihr Körper vor, während und nach der Geburt durchgemacht hat, verarbeiten. Sie sollte sich vor allem nicht stressen, denn ihr Körper durchlebt ein Wunder, eine massive Ausschüttung von Hormonen und gebärt ein neues Lebewesen. Sie braucht Zeit, sich auf die neue körperliche und psychische Situation einzuschwingen. Neben der Freude wird es auch oft anstrengend sein, sodass der Körper vor allem eines will: Ruhe und Schlaf.
Außerdem haben stillende Mütter einen hohen Spiegel von Prolaktin, der das Bedürfnis nach Sexualität senken kann. Falls unterschiedliche Bedürfnisse bestehen und diese zu Unstimmigkeiten oder Unsicherheiten führen, sollte sich das Paar so schnell wie möglich Hilfe von außen holen.
Eines zeigen aber alle Studiendaten: Wenn ein Paar vor der Schwangerschaft Freude an der Sexualität hatte, dann wird es auch nach der Schwangerschaft Freude daran haben.