Durch Fortschritte in der Therapie und neue Behandlungsmöglichkeiten wird Krebs immer öfter zu einer chronischen Erkrankung. Das bedeutet: Menschen können zwar nicht geheilt werden, können aber viele Jahre mit einer Krebskrankheit überleben.
Wie kann ein Leben mit Krebs gelingen?
NINA BERNHARD: Es gibt immer ein Leben vor und nach der Diagnose. Eine der größten Herausforderungen für diese Patienten ist, mit der Angst vor dem Fortschreiten der Krankheit umgehen zu lernen. Dazu kommt, dass es oft noch Nachwirkungen oder Einschränkungen nach Operationen oder Chemotherapien gibt. All das muss ins Leben integriert werden. Außerdem ist man ja nicht nur krank: Man ist auch Partner, Ehefrau, Mutter.
Aber kann es gelingen, ein Leben mit Krebs zu führen?
BERNHARD: Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass es durchaus gelingen kann, mit der Krankheit zu leben. Es ist vielleicht kein "normales" Leben, aber ein an die Situation angepasstes. Man legt sich einen Werkzeugkoffer an Erfahrungen an, die helfen, mit den immer wiederkehrenden Untersuchungen umzugehen.
Ist die Erkrankung nicht ständig präsent?
BERNHARD: Eine gedankliche Pause von der Erkrankung kann gelingen. Unsere Aufmerksamkeit ist wie ein Scheinwerfer, der irgendwohin leuchtet. Man fokussiert sich nicht immer nur auf die Krankheit, da hat durchaus anderes auch noch Platz, denn es gibt ja ganz viele andere Rollen im Leben abseits des Krebses.
Ist die Todesangst ein großes Thema?
BERNHARD: Mit dem Tod muss man sich zu einer bestimmten Zeit auseinandersetzen. Oft passiert das schon bei der Diagnose, die als tödliche Bedrohung erlebt wird. Wenn klar wird, dass Heilung nicht mehr möglich ist, kommt das Thema oft wieder auf. Aber es ist wie bei Gesunden: Man weiß, es gibt den Tod, aber man schiebt ihn ein Stück weg. Oft erlebe ich, dass sich Patienten mit dem Tod aussöhnen. Die Zeit, die man hat, wird dann viel bewusster wahrgenommen.