Ich habe als Student angefangen zu trinken. Ich war bei einer linken Bewegung, wir haben nächtelang die Welt verbessert und das mit viel Bier. Dann bin ich Journalist geworden, zuerst in Tirol, dann im Burgenland und früher war das ein alkoholreicher Beruf. Wir haben in der Mittagspause und am Abend getrunken, zu Mittag drei bis vier Bier, am Abend bis zu zehn.

Ich bin in der Früh aufgestanden und habe mich schon auf die Mittagspause gefreut. Die Gewöhnung geht sehr schnell. Ich bin Quartalsäufer. Ich konnte ohne Entzug Pausen vom Alkohol machen. Wenn mir jemand gesagt hat, du trinkst zu viel, habe ich am nächsten Tag nichts mehr getrunken. Im Hinterkopf war jedoch immer: Wenn dieses oder jenes Fest ansteht, werde ich wieder trinken.

Wodka, weil er keine Fahne macht

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Irgendwann funktioniert man ohne Alkohol nicht mehr. Mit Mitte 40 waren die Beruhigungsdrinks in der Früh Pflicht, sonst haben meine Hände gezittert. Ich bin in der Nacht aufgestanden und habe getrunken. Wenn ich wach geworden bin, habe ich mir ein Glas Wodka eingeschenkt. Ich habe vor allem Wodka getrunken, weil es keine Fahne macht. Nichts war so schrecklich wie der Gedanke, es könnte kein Schluck im Haus sein. Als ich schon lange nichts mehr getrunken habe, habe ich noch eine Flasche gefunden, hinter der Bücherwand.

Ich habe nicht gezählt, wie viel ich am Tag getrunken habe. Ich konnte meine Trinkerei aber gut vertuschen, weil ich viel vertragen habe. Nur meine Ehefrau hat gesagt: Ich halte dich nicht mehr aus. Als Trinker wird man egozentrisch, man lebt wie in einem Tunnel. Dass ich ein Problem habe, habe ich schon länger gewusst. Ich habe es aber immer damit verdrängt, dass ich ja zwischendurch aufhören konnte. Damit habe ich mir eingeredet, dass ich kein wirklicher Alkoholiker bin. Diese Pausen waren trügerisch, sie dauerten ein paar Wochen bis zu ein Jahr. Bis zum nächsten Rückfall.

Das ging so lange, bis ich betrunken einen Unfall gebaut habe, bei dem zwei Menschen verletzt wurden. Dann hat es klick gemacht. Ich habe gedacht: Wenn du so weit bist, dass du unberechenbar wirst, das kann es nicht sein. Ich habe einen sehr guten Psychiater, der mich zu den Anonymen Alkoholikern geschickt hat. So bin ich vor drei Jahren bei den Anonymen gelandet und bin seither trocken.

Anonyme Alkoholiker als Rettung

Vor meinem ersten Besuch war ich aufgeregt, wurde aber angenehm überrascht. Man denkt ja, da sitzen die, die sonst unter der Brücke schlafen. Nein, es war eine Gruppe gepflegter Menschen. Man kann dort über alles reden, es herrscht strenge Disziplin. Der, der spricht, wird nicht unterbrochen. Aus den Erfahrungen der anderen lernt man irrsinnig viel.

Es werden keine Namen erfragt, es gibt keinen Mitgliedsbeitrag. Man kann sich einen Sponsor suchen. Meinen Sponsor kann ich Tag und Nacht anrufen, wenn ich das Gefühl habe, ich habe einen Saufdruck. Der sagt dir dann: Überleg dir, ob du das nächste Glas stehen lässt. Ich gehe jede Woche zu einem Meeting.

Schwierige Situationen gibt es immer wieder. Als ich meinen Hund einschläfern lassen musste, war meine Frau natürlich die erste Stütze. Aber dann musste ich mit meinem Sponsor sprechen, mit jemandem, der versteht, dass man in so einem Moment trinken will. Man spricht miteinander und irgendwann ist der Trinkwunsch wieder weg. Heute lebe ich so bewusst, dass ich wieder glücklich sein kann. Als Alkoholiker kennt man das Glücksgefühl nicht, es geht immer nur um den nächsten Schluck. Ich habe in einem ständigen Nebel gelebt.

Ein Leben lang Alkoholiker

Ich bin seit drei Jahren trocken und doch mein Leben lang Alkoholiker. Das ist eine tödliche Krankheit, die man stoppen kann, aber nicht heilen. Es gibt keinen geheilten Alkoholiker.