Der Nobelpreis für 2012 für Physiologie und Medizin geht an den britischen Forscher John B. Gordon (geboren 1933) und an den Japaner Shinya Yamanaka (geboren 1962). Dies erfolge für Arbeiten zur Reprogrammierung von ausdifferenzierten, adulten Zellen in Richtung pluripotenter Stammzellen (iPS). Österreichische Wissenschafter - so Meinrad Busslinger (Institut für Molekulare Pathologie - IMP/Wien), Medizin-Genetiker Markus Hengstschläger (MedUni Wien) und der aus Wien stammende US-Neurowissenschafter Eric Kandel (Nobelpreis 2000) begrüßten die Entscheidung des Nobelpreiskomitees in Stockholm.

Die Auszeichnungen sind in diesem Jahr mit je acht Millionen schwedischen Kronen (940.000 Euro) dotiert. Das bedeutet eine vom Nobel-Stiftungskomitee gegenüber der Vergangenheit um 20 Prozent herabgesetzte Preissumme (ehemals je zehn Millionen oder 1,088 Mio. Euro).

"John B. Gurdon entdeckte im Jahr 1962, dass die Spezialisierung von Zellen reversibel ist. In einem klassischen Experiment ersetzte er den unreifen Zellkern der Eizelle eines Frosches durch den Zellkern einer reifen Darmzelle. Das modifiziert Ei entwickelte sich in eine normale Kaulquappe", schrieb das Nobelpreiskomitee in seiner Begründung für die Zuerkennung des Preises an den britischen Wissenschafter, der jetzt an dem nach ihm benannten Gurdon Institut in Cambridge arbeitet.

Zellen in Mäusen umprogrammiert

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Shinya Yamanaka wiederum zeigte "im Jahr 2006, wie man intakte ausgereifte Zellen in Mäusen so reprogrammieren kann, dass sie unreife Stammzellen werden. Interessanterweise erfolgte das nur durch das Einfügen von einigen wenigen Genen. Er konnte sie so reprogrammieren, dass sie wieder pluripotente Stammzellen werden - Zellen, die zu allen Zelltypen des Körpers ausreifen können", wie das Nobelpreiskomitee zu den Studien des Japaners feststellte. Der 50-Jährige arbeitet derzeit an der Kyoto Universität in Japan und betonte noch am Montag dankbar: "Wenn ich von meinem Land nicht unterstützt worden wäre, hätte ich den Preis nicht bekommen."

"Das ist eine erfreuliche Nachricht. Sicher ist der Nobelpreis 2012 sehr gut platziert", sagte am Montag Meinrad Busslinger, Senior Scientist am IMP in Wien zu den Preisträgern. Den 79-jährigen Gurdon bezeichnete er als sehr intellektuellen Charakter. Das IMP habe diesen schon vor einiger Zeit für kommendes Jahr zu einem Vortrag eingeladen. Markus Hengstschläger, Medizin-Genetiker der MedUni Wien: "Die Arbeiten waren Durchbrüche in der Grundlagenforschung." Der aus Wien stammende Medizin-Nobelpreisträger des Jahres 2000, Eric Kandel, sprach am Montag in Wien von einem "ausgezeichneten Nobelpreis".

Busslinger: "Wie man sich die Entwicklung der Lebewesen aus Eizelle und Spermien - die Eizelle ist immer totipotent - vorstellte, war eine Entwicklung (...) in Schritten vorwärts." Man hätte gemeint, dass dies "irreversibel" sei. Doch Gurdon hätte ab 1958 gezeigt, dass dies nicht der Fall ist.

Yamanaka ging die Frage laut Busslinger von einem anderen Aspekt an. "Er fragte, welche Faktoren das sein könnten. (...) Er hat endlos viele Gene untersucht." Schließlich waren die Gen-Transkriptionsfaktoren Oct4, Sox2, Klf4 und Myc als die für eine Reprogrammierung von Zellen fundamentalen identifiziert. Der IMP-Forscher "Mit diesem Cocktail gelang es Yamanaka, aus adulten Fibroblasten induzierte Pluripotente Stammzellen (iPS) herzustellen, die praktisch ident mit embryonalen Stammzellen sind.

Kein Hype mehr

Der anfängliche "Hype" bezüglich des Einsatzes dieser Techniken in der Medizin hat sich allerdings gelegt. Man kann damit den jedenfalls den genetischen Hintergrund von Krankheiten im Labor an einzelnen Zellen untersuchen. Beim Ersatz von kranken durch gesunde Zellen haben die Stammzellforscher aber ihre Erwartungen zurückgeschraubt.

Der Medizin-Nobelpreis 2012 geht damit jedenfalls im engeren Sinn an die Genforschung. Vor 50 Jahren (1962) war er den Entdeckern der DNA-Struktur, Francis Crick und James Watson, zuerkannt worden.