Eine überstandene Covid-19-Erkrankung ist für zahlreiche Betroffene nicht das Ende von Corona. Denn manche leiden auch länger an den Folgen der Infektion. Dann wird gemeinhin von Long Covid gesprochen. Eine der schwerwiegendsten Ausprägungen dieser Folgeerkrankung ist ME/CFS. Ein massives Erschöpfungssyndrom, das Betroffene so schwer beeinträchtigen kann, dass diese ans Bett gebunden sind.
Doch nicht nur Sars-CoV-2 kann eine solche Erkrankung auslösen, auch andere Erreger können das, zum Beispiel das Epstein-Barr-Virus oder auch Influenzaviren. All diese können zu sogenannten postakuten Infektionssyndromen (PAIS) führen. Und Betroffene von diesen Syndromen haben eines gemein: Sie haben in Österreich keine öffentliche Anlaufstelle. Am Dienstag hat Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) einen Aktionsplan zu postakuten Infektionssyndromen präsentiert. Erarbeitet wurde dieser von 60 Fachleuten aus unterschiedlichen Bereichen. „Wir haben versucht, alle Beteiligten mit ins Boot zu holen“, sagte Rauch. Innerhalb von acht Themenfeldern wurden 50 konkrete Maßnahmen formuliert, um die Situation in Österreich für die Betroffenen und ihre Angehörigen zu verbessern.
„Die Versorgung der Betroffenen muss deutlich verbessert werden“, sagte Rauch. Bei der Schwere der Erkrankung bestehe eine „Riesenbandbreite“, von bettlägerigen Patienten, „die nicht mehr in der Lage sind, Dinge eigenständig zu erledigen“, bis hin zu teilweiser Arbeitsfähigkeit. Zudem würde es eine deutliche Verbreiterung des Wissens brauchen – bei medizinischem Personal, Gesundheitsberufen, vor allem bei Sozialversicherungen und Gutachtern.
Gutachter sollen besser geschult werden
Hier gibt es von Seiten der Betroffenen immer wieder Beschwerden, dass ihre Leiden nicht ernst genommen würden. „Betroffene fühlen sich nicht gehört, nicht gesehen, nicht ernst genommen“, sagte Rauch. „Wir brauchen auch, das stelle ich auch ganz vorne hin, bei den Gutachterinnen und Gutachtern eine deutlich stärkere Ausbildung und Fortbildung bei der Begutachtung.“ Auch auf die soziale Dimension wird im Aktionsplan eingegangen, ein Punkt, den auch Rauch besonders betonte. Postakute Infektionssyndrome gehen häufig mit (existenziellen) finanziellen Belastungen sowie Armutsbetroffenheit einher, so die Autoren. Hingewiesen wird darauf, dass für den Erhalt von Leistungen (Pflegegeld, Reha-Geld oder auch für die Zuerkennung des Grades der Behinderung) eine entsprechende Begutachtung Voraussetzung ist.
Ein weiterer wichtiger Punkt, neben der Verbesserung der Situation mit Gutachtern, sei die Schaffung von Anlaufstellen. Dabei müssten u.a. aufsuchende (Hausbesuche) und digitale Versorgungsangebote eine Rolle spielen (z.B. Televisiten). Rauch sagte dazu, es brauche ein entsprechendes „dezentrales Netz“ wohnortnah in jedem Bundesland. „Die Umsetzung dieser Anlaufstellen liegt bei den Bundesländern“, so der Minister. Finanzielle Mittel dafür seien ja bereits via Finanzausgleich vorgesehen.
Mitgearbeitet am Aktionsplan haben auch Vertreter der Patientenorganisation „Österreichische Gesellschaft für ME/CFS“. Es sei ein guter Plan, so Claudia Schreiner. „Die vorgeschlagenen Maßnahmen auf allen Ebenen zeigen, wie dringend der Handlungsbedarf ist.“ Messen könne man den Erfolg des Aktionsplans nur an dessen Umsetzung. Diese müsse rasch beginnen, damit am Ende die Verbesserungen auch wirklich bei den Betroffenen ankommen“, fügt Astrid Hainzl, ebenfalls ÖG ME/CFS hinzu.
Weitere Maßnahmen umfassen die Generierung, Sammlung und Verknüpfung von Daten. „Wir benötigen diese Daten, um der Ursache der Erkrankung auf den Grund gehen zu können“, sagt Eva Untersmayr-Elsenhuber, die seit kurzem, gemeinsam mit Kathryn Hoffmann, das Referenzzentrum für postvirale Syndrome an der MedUni Wien leitet.