Diabetes – und da vor allem der Typ 2 – ist eine Volkskrankheit. Geschätzt 800.000 Menschen in Österreich leben derzeit mit Diabetes mellitus. Doch abgesehen vom nach wie vor nicht ausreichenden Datenmaterial orten die Experten der Österreichischen Diabetes Gesellschaft (ÖDG) Defizite bei der Versorgung der Patientinnen und Patienten. So erhalten viele Betroffene nicht die notwendige Diabetesschulung und Ernährungsberatung, da diese nicht ausreichend von den Gesundheitskassen refundiert werden.
„Trotz vieler Fortschritte im Bereich der Diabetestherapie hinkt die Versorgung in Österreich den medizinisch-wissenschaftlichen Möglichkeiten hinterher“, konstatierte Peter Fasching, Präsident der ÖDG im Vorfeld des Weltdiabetestags (14. November). An sich gibt es seit rund 20 Jahren mit „Therapie aktiv - Diabetes im Griff“ ein Disease-Management-Programm (DMP), das eine strukturierte Behandlung von Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 ermöglichen soll. Die Primärversorgung im niedergelassenen Bereich durch Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner wurde auch umgesetzt. Die zweite Stufe allerdings findet derzeit in – ohnehin überfüllten – Ambulanzen statt, weil dringend notwendige, aber zeitaufwendige Leistungen wie diätologische Schulungen oder auch Diabetesberatungen nicht über Kassen abgerechnet werden. So bleibe für Patienten nur die Wahl zwischen Wahlärzten und Ambulanzen.
Am DMP „Therapie aktiv“ nehmen nur etwa ein Viertel bis ein Fünftel der Menschen mit Typ 2-Diabetes teil, weil das Programm für Mediziner zu bürokratisch und damit ebenso wie für die Patienten nicht attraktiv genug ist. Zudem ist die Teilnahme freiwillig. Das DMP sei so in seiner Ausführung nicht mehr zeitgemäß: „Es ist ein hoher personeller Aufwand erforderlich, die Folge sind Kapazitätsprobleme und fehlende Ressourcen“, schilderte die Internistin Nadja Shnawa-Amann.
Die Lösung ist für die ÖDG die Schaffung einer zweiten Versorgungsebene, wie Generalsekretärin Gersina Rega-Kaun sagte, „die diabetologische Leistungen kassenärztlich refundiert und auf breiter Ebene verfügbar macht“. Diese sollte unter anderem diätologische Beratungen, intensive Schulungen sowie komplexe Glukosemonitorings umfassen, ergänzte die Medizinerin.