Noch immer sterben in Österreich jährlich rund 4.000 Menschen an einem Lungenkarzinom, pro Jahr gibt es rund 5.000 Neudiagnosen. Eine neue Studie von Wiener Forschenden hat jetzt eindeutig den Wert einer möglichst frühen Diagnose und Chemo-Immuntherapie noch vor einer Operation belegt. Die Überlebensraten erreichen dann um die 90 Prozent.
„Studien der Phase III mit neoadjuvanter Behandlung (medikamentöse Behandlung noch vor chirurgischem Eingriff; Anm.) haben bei Patienten mit operierbarem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) vielversprechende Resultate gezeigt“, schrieben jetzt Leyla Ay (Karl Landsteiner Institut für Lungenforschung und Lungenonkologie/Wien) und ihre Co-Autoren, unter ihnen auch Arschang Valipour und Maximilian Hochmair (Klinik Floridsdorf) in der Fachzeitschrift „Lung Cancer“.
Den Krebs zurückdrängen
Die Wissenschafter führten deshalb eine Registerstudie mit den Daten der Klinik Ottakring und der Klinik Floridsdorf zu diesem Thema durch. Insgesamt analysierten sie die Informationen von 72 Patienten mit einem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom, das im Frühstadium entdeckt und prinzipiell operabel gewesen war. Die Betroffenen erhielten noch vor einem geplanten chirurgischen Eingriff (“neoadjuvant“) eine Chemo-Immuntherapie, die auf einem Platin-Chemotherapeutikum und einem Immuntherapeutikum (Checkpoint-Inhibitoren) basierte. Mit einer solchen medikamentösen Behandlung soll ein Karzinom vor der Operation so weit wie möglich zurückgedrängt werden, was die Heilungschancen erhöhen soll.
Das mittlere Alter der Patienten betrug 64,5 Jahre, 40,3 Prozent der Erkrankten waren Frauen. Bei etwas mehr als 90 Prozent wurde das Genom der Tumorzellen sequenziert, um eventuell eine zielgerichtete Behandlung mit Medikamenten, welche speziell Karzinomvarianten mit bestimmten Mutationen angreifen, zu ermöglichen.
Die Ergebnisse aus der klinischen Praxis bestätigten die Resultate aus den wissenschaftlichen Studien. 46 der 72 Patienten wurden nach der Chemo-Immuntherapie operiert, 23 erhielten eine Strahlentherapie. Von den 46 Patienten, die sich einem chirurgischen Eingriff zur Entfernung des Tumors unterzogen, zeigte sich bei 22 ein komplettes Verschwinden der Erkrankung, das durch die Chemo-Immuntherapie erzielt worden war.
Der Anteil der Patienten, die ohne Krankheitszeichen überlebten, betrug bei 43 von 46 der Operierten nach einem halben und nach einem Jahr 98 Prozent. Nach zwei Jahren lebten noch 81 Prozent ohne Krankheitszeichen. Insgesamt (alle Todesursachen) lebten nach einem halben Jahr 97 Prozent, nach einem Jahr und nach zwei Jahren jeweils 90 Prozent der Betroffenen. „Das krankheitsfreie Überleben bei 43 Patienten mit vollständiger Entfernung des Tumors (sogenannte R0-Resektion; Anm.) lag nach zwei Jahren bei 81 Prozent“, schrieben die Wissenschafter.
Diagnose im Frühstadium
Das ist allerdings nur mit einer Diagnose im Frühstadium einer Lungenkarzinomerkrankung zu erreichen. Hier gibt es bereits seit rund zwei Jahrzehnten harte wissenschaftliche Beweise dafür, dass eine regelmäßige Computertomografie bei langjährigen bzw. starken Rauchern zu einer wesentlichen Verbesserung führen könnte. In Österreich ist es allerdings bisher nicht gelungen, ein derartiges Programm auf die Beine zu stellen.
„Eine solche Low-Dose-CT-Früherkennungsuntersuchung dauert zehn Sekunden. Mittlerweile konnte mit solchen Programmen bei den Betroffenen die Gesamtmortalität (alle Ursachen; Anm.) bereits um 48 Prozent und die Lungenkrebs-Sterblichkeit um 45 Prozent gesenkt werden“, sagte vor kurzem der Wiener Pneumologe Arschang Valipour. In Österreich werden noch immer 47 Prozent der Lungenkrebserkrankungen erst im Spätstadium IV mit Metastasen und unheilbar diagnostiziert. 27 Prozent der Betroffenen erhalten diese Diagnose im Stadium III mit sehr beschränkten Heilungsaussichten. Nur bei einem Viertel erfolgt die Entdeckung der Erkrankung in den Stadien I oder II.