Mit Wissenschaftsskepsis und wie sehr diese in Österreich verbreitet ist, befasst sich Helmut Jungwirth an der Universität Graz. „Wissenschaft ist ein dynamischer Prozess, mit immer neuen Erkenntnissen – die mitunter auch alte widerlegen. Das schafft aber bei wissenschaftlichen Laien oft Verunsicherung und Misstrauen.“, so der Molekularbiologe und Professor für Wissenschaftskommunikation. Es ist daher wichtig, das Vertrauen in Wissenschaft in der Gesellschaft zu stärken, und das ist in Österreich durchaus ausbaufähig.
Natürlich ist die Coronapandemie ein Faktor, der das Misstrauen gegenüber Wissenschaft noch verstärkt hat, sie ist aber nicht der einzige. Soziale Medien und ihre Aufregungsspiralen, Medien, mit unzulässig zugespitzter Berichterstattung sowie die Politik, mit ihren unterschiedlichen Deutungen wissenschaftlicher Erkenntnisse, tragen ein gerütteltes Maß zum Problem bei. „Wenn wir etwa den Klimawandel anschauen, dann haben wir unterschiedliche politische Gruppierungen, die Fakten unterschiedlich interpretieren“, sagt Jungwirth. Wie also sollen Menschen, die mit diesen so verschiedenen Botschaften als Leserinnen und Leser bzw. Userinnen und User, konfrontiert werden, entscheiden, was richtig oder falsch ist?
Besser erklären, mehr Emotionen wecken
Wissenschaft besser zu erklären, das sieht Jungwirth auch als Aufgabe der Wissenschaft selbst. Und als einen Lösungsansatz, Vertrauen in wissenschaftliche Erkenntnisse wieder zu stärken – aus diesem Grund werden an der Uni Graz Wissenschaftskommunikationstrainings für Forschende angeboten. „Wir müssen lernen, Geschichten zu erzählen und Emotionen zu wecken“, sagt der Experte. „Wenn ich es schaffe, eine Emotion bei meinem Gegenüber auszulösen und diese dann mit Fakten zu garnieren, erreiche ich viel mehr.“
Jungwirth erzählt im Gespräch mit der Kleinen Zeitung von einer persönlichen Begegnung. „Ich hatte einen Kollegen, der die Covid-Impfung kategorisch abgelehnt hat“, erzählt der Experte. „Wir haben einfach geredet, ich habe ihm zugehört. Eine Woche später hat er mir gesagt, dass er sich impfen lassen hat. Das hat funktioniert, weil wir auf Augenhöhe kommuniziert haben, weil ich seine Bedenken ernst genommen habe.“
Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig Vertrauen in die Wissenschaft ist – und wie schnell es verloren gehen kann. Doch mithilfe einer besseren Diskussionskultur, transparenter Kommunikation sowie ausgewogener journalistischer Berichterstattung kann es wieder aufgebaut werden. Weiters ist frühe Förderung wissenschaftlicher Bildung wichtig. Oder anders gesagt, Kinder schon früh für Wissenschaft zu begeistern, um kritisches Hinterfragen zu fördern. „Es ist ein langer Weg, aber es lohnt sich“, ist Jungwirth überzeugt.