Die Depression gilt als Krankheit der „-losigkeiten“: Betroffene fühlen sich antriebslos, lustlos, energielos, freudlos, oft auch schlaflos. In der Konsequenz sind die klassischen Symptome einer Depression Energiemangel, Traurigkeit, Niedergeschlagenheit, Schlafstörungen. In den letzten Jahren hat die Wissenschaft nun aber entdeckt, dass es eine Form der Depression gibt, die sich durch andere Auffälligkeiten zeigt: nämlich durch Aggressivität, Gereiztheit, vermehrten Alkoholkonsum und auch riskantem Verhalten. Da diese Form der Depression vor allem Männer betrifft, wird sie auch „Male Depression“, also männliche Depression genannt. „Die männliche Depression ist noch nicht als eigenes Krankheitsbild definiert, es sprechen aber immer mehr Daten dafür, dass es sich dabei um einen speziellen Subtyp der Depression handelt“, erklärt Psychiater und Neurologe Johannes Wancata.

Johannes Wancata, Psychiater
Johannes Wancata, Psychiater © feel image - Fotografie

Depression beim Mann wird eher übersehen

Es gibt also auch bei der Depression einen Gender-Unterschied – und dieser führt in der Folge dazu, dass die Depression beim Mann eher übersehen werden kann: „Wenn jemand ein Alkoholproblem hat, gibt es noch zu wenig Bewusstsein dafür, dass sich dahinter eine Depression verbergen kann“, sagt Wancata. Der Experte appelliert dafür, dass die beschriebenen Symptome wie gesteigerte Aggressivität oder Sucht- und Risikoverhalten ernst genommen und untersucht werden. In Österreich leben derzeit rund 730.000 Menschen mit einer Depression, 264.000 davon sind Männer.

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In der Therapie der Depression – und das ist bei beiden Geschlechtern gleich – gibt es laut Wancata zwei wesentliche Formen: die Psychotherapie und Antidepressiva als Medikamente. Gleichzeitig müssen auch Begleitsymptome, wie schlechter Schlaf, mitbehandelt werden. Prinzipiell gelte: „Je schwerer und akuter eine Depression, desto wichtiger sind Medikamente. Je länger anhaltend die Depression, desto wichtiger ist die Psychotherapie“, sagt Wancata. Nicht alle Patientinnen und Patienten brauchen beide Therapieformen – das müsse individuell entschieden werden.

Dass die Depression auch nicht in das tradierte Cliché vom „starken Mann“ passt, trage weiter dazu bei, dass Depressionen bei Männern seltener und auch oft zu spät diagnostiziert und behandelt werden. „Eine Depression ist keine Schwäche“, unterstreicht Wancata. „Eine Depression ist eine Krankheit, und für eine Krankheit kann man nichts.“