Dass der heute neun Monate alte Bub so kräftig und fröhlich ist, grenzt an ein Wunder: Der kleine Renas habe bereits mehr Glück im Unglück gehabt, als man sonst oft für ein ganzes Leben braucht. Am 7. Februar 2024 landete der Rettungshubschrauber aus dem LKH Villach auf dem Dach der LKH-Kinderklinik in Graz, an Bord der knapp zwei Monate alte, hoch fiebernde Säugling. Was die Grazer Spezialisten feststellten: Renas litt nicht nur an einer akuten RSV-Infektion, sondern auch an einer sehr seltenen angeborenen Stammzellkrankheit, der sogenannten familiären hämophagozytären Lymphohistiozytose (FHL). Weltweit gibt es von dieser Erkrankung nur ein paar tausend registrierte Fälle. Renas Schwester ist im Babyalter gestorben, der Bruder ist heute gesund.
„Der Kollege in Kärnten, Primarius Robert Birnbacher, hatte bei Renas sofort den richtigen Verdacht“, erzählt Wolfgang Schwinger, Leiter des Transplant-Teams an der Klinischen Abteilung für Pädiatrische Hämato-Onkologie. Dass dieser so schnell den Transfer nach Graz veranlasst hat, ist das erste Puzzlestück des Glücks, das Renas von einem todkranken zu einem gesunden Kind hat werden lassen. Renas Fieber war damals nicht zu senken, er war in einem schlechten Zustand, es war knapp.
Mit Chemotherapie das eigene Immunsystem ausgeschaltet
In Graz gelandet, wurde alles getan, um Renas Leben zu retten. Seine Eltern wurden dennoch darauf vorbereitet, dass es ihr Kind nicht schaffen könnte. „Er wurde intubiert, erhielt eine antivirale Therapie – die Medikamente dafür mussten in Kanada angefordert werden – und schließlich eine Chemotherapie. Letztere, weil Renas eigenes, krankes Immunsystem komplett ausgeschaltet werden musste. „Bevor man gesunde Stammzellen transplantieren kann, muss das gesamte erkrankte blutbildende System beim Empfänger zerstört werden. Danach wird es durch die Stammzellen des Spenders völlig neu aufgesetzt“, erklärt Schwinger den Prozess.
Für das Transplant-Team an der Uniklinik Graz sticht die Geschichte von Renas aus den ohnehin immer dramatischen Krankengeschichten heraus – aufgrund ihrer besonders vielen Höhen und Tiefen. Bis zur letztlich rettenden Stammzelltransplantation – sie wurde auf der Intensivstation der Uniklinik für Kinder- und Jugendheilkunde durchgeführt – war es ein langer Weg. „Auch dort hat das Team der Ärzte und der Pflege Großartiges geleistet. Ohne das Team der Intensivstation wäre Renas nie zu uns gekommen, weil er die Therapie nicht überlebt hätte“, erzählt Schwinger. Schwinger: „Bei dieser Krankheit gibt es nur Schwarz oder Weiß. Das Kind überlebt und ist dann gesund. Oder es stirbt. Renas Vorsehung war es, zu leben.“
Dass sich die „Vorsehung“ erfüllen kann, dafür hat aber auch die Spitzenmedizin ihren Teil beigetragen. „Für Renas fand sich sogar ein Stammzellenspender innerhalb Österreichs“, sagt Wolfgang Schwinger. Aber eben nicht nur Glück, sondern auch ein Zentrum, in dem Kinder wie er eine Chance haben. An der Abteilung für Pädiatrische Hämato-Onkologie der Uniklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, einem spezialisierten Zentrum, werden Kinder aus der gesamten Steiermark, aus ganz Kärnten und aus dem südlichen Burgenland behandelt. „Ein komplett neues Immunsystem gibt es nicht überall, dafür kommen die Kleinen zu uns.“
Renas darf jetzt nach Hause, muss aber zweimal pro Woche zur Kontrolle kommen. „Wir gehen davon aus, dass er ein ganz normales Leben vor sich hat“, sagen seine Ärzte stolz.