„Wenn das Kind Dinge, die es früher immer sehr gerne gemacht hat, beginnt zu vermeiden, wenn man merkt, dass sich das Kind immer mehr zurückzieht, Freunde nicht mehr trifft – das sind schon Alarmsignale“, erklärt Ursula Luschnig, Psychotherapeutin und Leiterin des Bereichs „Menschen in Krisen“ der Caritas Kärnten. Die genannten Symptome können Alarmsignale sein, die auf eine Angststörung hindeuten. Diese zählen aktuell zu den häufigsten Diagnosen im Bereich der psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen.

Das sieht Luschnig tagtäglich bei ihrer Arbeit. „Vor allem Ängste haben zugenommen“, sagt sie in der aktuellen Episode von „Ist das gesund?“, dem Medizin-Podcast der Kleine Zeitung. Durch die verschiedenen Krisen der letzten Jahre sowie die vermehrte Nutzung von Smartphones und sozialen Medien habe der Druck in der Gesellschaft zugenommen, „Jugendliche haben oft das Gefühl, sie haben nicht mehr die Kompetenzen, diesem Druck Stand zu halten.“

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Wenn die Angst das Leben lähmt

Der Definition nach werden intensive, lange Angstzustände als Angststörung bezeichnet, diese kann auch das Risiko für weitere Erkrankungen, wie Depressionen, erhöhen. Die Ausprägung einer generalisierten Angststörung kann von Patientin zu Patient unterschiedlich sein, schränkt aber das Alltagsleben mit zunehmender Schwere ein. Es kann zu Symptomen wie Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, aber auch Muskelverspannungen kommen. „Es beeinflusst das Leben so sehr, dass Betroffene Vermeidungsstrategien entwickeln“, sagt Luschnig. Wenn Betroffene selbst oder Angehörige das Gefühl haben, sie kommen aus dieser Situation über einen längeren Zeitraum nicht mehr heraus, sollte man sich Unterstützung holen.

Eltern sollten auch bedenken, ob eine Angst altersgemäß ist, denn Entwicklungsängste sind Teil des Heranwachsens. Kleine Kinder können Trennungsängste haben, Angst vor Dunkelheit oder Monstern. Werden Kinder älter, kommen vielleicht auch Schulängste dazu. Das ist normal und Kinder lernen, damit umzugehen. Bekommt man den Eindruck, dass sich das Verhalten des Kindes verändert, dass sich Ängste überproportional steigern, sollte Eltern zuerst das Gespräch suchen, rät Petra Pöschl-Lubei, psychosoziale Beraterin der Caritas Kärnten. „Man sollte dem Kind zuhören und es die Sachen beschreiben lassen, die in ihm vorgehen. Im Gespräch zu bleiben ist enorm wichtig.“

Angststörungen: Wo man Hilfe bekommt

Bekommen Eltern das Gefühl, dass sie die Situation alleine nicht mehr bewältigen können, können sie sich fachlichen Rat, etwa bei einschlägigen Anlaufstellen, bei Hotlines oder auch bei Psychiatern holen, ohne dass das Kind eine Therapie beginnen muss. „Wir als Eltern sind in dieser Hinsicht ein wichtiges Vorbild, die Kinder sollen sehen: Okay, ich kann mir Hilfe holen und das ist nicht Scham besetzt, das ist etwas völlig Normales.“

Ist die Diagnose Angststörung gestellt, können Therapien unterschiedlich aussehen. „Im Grunde geht es immer darum zu schauen, was sind die Ursachen und mit welchen Strategien kann ich lernen, diese Ängste zu überwinden“, erklärt Luschnig. Häufig kommen dabei Psychotherapie sowie eine medikamentöse Therapie zum Einsatz. „Der wichtigste Schritt ist immer, sich einzugestehen: Da habe ich ein Problem, mit dem ich alleine nicht mehr fertig werde.“

Auch wenn man mit Außenstehenden dieses Problem anspricht, sei ein wichtiger Impuls erfolgt. Wobei mit Außenstehenden nicht die Eltern gemeint sind. Denn vor allem für Jugendliche sind oft gleichaltrige Freundinnen und Freunde die ersten Anlaufstellen. Aus diesem Grund hat die Caritas auch ein Projekt mit Jugendlichen für Jugendliche ins Leben gerufen. „Da können Jugendliche ihre Sorgen Gleichaltrigen anonym schildern, das kann auch ein Einstieg sein“, sagt Luschnig.