Das vor einem Jahr initiierte Stillsiegel für stillfreundliche Orte haben bisher 150 Lokale, Geschäfte und weitere öffentlich zugängliche Räume in Österreich erhalten. Dass es notwendig ist, sichere Plätze für stillende Mütter auszuweisen, zeigen Erhebungen des heimischen Babyartikelherstellers Mam. „Es ist wirklich erschreckend, dass eine von zehn Frauen in Österreich nicht in der Öffentlichkeit stillt“, sagte Marketing-Managerin Sabrina Krejan im Gespräch mit der APA.
Europaweit sei es noch dramatischer, „da sind es 25 Prozent“, erläuterte Krejan zu der Online-Umfrage, an der sich in 13 europäischen Staaten insgesamt 5478 Mütter beteiligt haben, 455 in Österreich. Gründe seien, dass sich stillende Mütter unwohl fühlen und Blicken ausgesetzt sind, berichtete sie anlässlich der derzeitigen Weltstillwoche (1. bis 7. August). „Wir haben auch herausgefunden, dass es nicht nur Blicke sind, sondern auch Anfeindungen und ganz negative Kommentare“, sagte Krejan.
Unappetitliche Kommentare gegenüber stillenden Müttern
„Die Brust in einem Restaurant herzuzeigen sei unappetitlich“, hieß es in einem der Berichte in der freien Antwortmöglichkeit der Umfrage. „Ein Kellner kam zu mir und fragte: Können Sie Ihr Kind nicht am Klo stillen?“ und „In einem Café wurde ich hinausgeschmissen“, waren weitere Erfahrungen. „Ein Mann fragte mich, ob er auch mal ran dürfe“, berichtete eine andere Frau.
Grundlage für die Umfrage in 13 Ländern war eine große Erhebung im deutschsprachigen Raum im Vorjahr, erinnerte Krejan. Zwei von drei der mehr als 6400 befragten Mütter in Österreich, Deutschland und der Schweiz hatten dabei angegeben, dass sie bereits schlechte Erfahrungen beim Stillen im öffentlichen Raum gemacht haben. Die aktuelle Erhebung zeigt ein ähnliches Stimmungsbild: 39 Prozent der Mütter fühlen sich beim Stillen in der Öffentlichkeit unwohl, 47 Prozent berichten von Anfeindungen durch Umstehende.
Vor einem Jahr hatte Mam das Stillsiegel gestartet. Betriebe, die sich hinter die österreichische Stillcharta stellen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dementsprechend schulen, sollen dadurch gleich beim Eingang zu erkennen sein. „Das wird sehr gut angenommen, schon 150 Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen sind dabei“, berichtete Krejan. Vorreiter seien Wien und die Steiermark, gefolgt von Niederösterreich, in Wien haben sich demnach viele Gastronomiebetriebe gemeldet, aber auch Museen. Im Westen Österreichs gibt es noch „Aufholbedarf“, sagte die Stillsiegel-Initiatorin.
Stillende Mamas berichten etwa auf Social Media, dass sie sich sicher fühlen, wenn sie das Stillsiegel an der Tür sehen. Mütter können auch neue Betriebe, wo sie sich wohlgefühlt haben, für das Stillsiegel vorschlagen, erläuterte Krejan. Den öffentlichen Raum zu verlassen, um in Ruhe stillen zu können, ist für die Entwicklung des Babys nicht förderlich. „Das Stillen muss unmittelbar und prompt passieren“, betonte Krejan. Stillecken als eigene Bereiche in Lokalen und anderen Betrieben sieht sie negativ. „Es ist dramatisch, dass ich als Mama in eine Ecke verwiesen werde“, sagte sie.