Es ist angerichtet: „Eine feuchte Periode gefolgt von einer Hitzephase, das sind ideale Bedingungen für die Vermehrung von Stechmücken“, sagt Johannes Pleiner-Duxneuner von der Ages, der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit. Die Hochsaison der Gelsen steht damit unmittelbar bevor – und neben den heimischen Arten dringen auch exotische Stechmücken bis nach Österreich vor. Eine Entwicklung, die Infektionsspezialisten wie Robert Krause (MedUni Graz) mit großer Sorge beobachten: „Damit kommen neue Infektionskrankheiten zu uns, die für Menschen und das Gesundheitssystem eine Belastung darstellen.“ Und auch Pleiner-Duxneuner unterstreicht: „Durch den Klimawandel können uns Krankheiten erreichen, die es bisher bei uns noch nicht gab.“

Dunkelrot prangt die Steiermark auf der Landkarte: Sie zeigt jene Regionen Europas, in denen sich die asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) bereits ausgebreitet und angesiedelt hat. Laut dem europäischen Zentrum für Krankheitskontrolle (ECDC) ist Österreich eines der 13 europäischen Länder, in denen die einst exotische Stechmücke mittlerweile beheimatet ist. Im Gepäck hat sie gefährliche Viren, die Infektionskrankheiten auslösen können. Laut Robert Krause sind es vor allem zwei Erreger, deren Verbreitung in Europa durch die Tigermücke mit Sorge beobachtet wird: das Dengue-Virus und das Chikungunya-Virus.

Johannes Pleiner-Duxneuner, Ages
Johannes Pleiner-Duxneuner, Ages © Harald Eisenberger

Starke Schmerzen in Muskeln und Gelenken

Typisch für das Dengue-Fieber sind neben der erhöhten Temperatur starke Gelenks-, Muskel- und Gliederschmerzen, was der Erkrankung auch den Beinamen „Knochenbrecher-Fieber“ eingebracht hat. Auch ein Hautausschlag tritt auf. In fünf bis zehn Prozent der Fälle, so Robert Krause, nimmt die Infektion einen schweren Verlauf, sodass eine Behandlung im Krankenhaus notwendig wird. „Und ganz ähnlich wie wir es bei Long-Covid-Betroffenen sehen, geht das Dengue-Fieber mit einer starken körperlichen Schwäche nach der Erkrankung einher“, sagt Krause. Auch das Chikungunya-Fieber hat einen klingenden Beinamen, bedeutet das Wort übersetzt doch: der gekrümmt Gehende. Die Ursache sind wiederum die starken Gelenks-, Muskel- und Gliederschmerzen, die noch lange nach dem Abfiebern anhalten können. „Solche Virusinfektionen sind besonders für Vorerkrankte und Immungeschwächte gefährlich“, sagt Pleiner-Duxneuner. „Dann können die Erkrankungen auch tödlich enden.“

Bislang, so unterstreichen beide Experten, gab es noch keine Ansteckungen mit diesen Viren innerhalb von Österreich: Die 30 bis 120 Dengue-Fälle, die pro Jahr in Österreich diagnostiziert werden, betreffen bis dato Reiserückkehrer aus Hochrisikogebieten. Allerdings: „In Norditalien gibt es bereits Übertragungen. Daher ist es nur eine Frage der Zeit, bis diese Infektionen auch bei uns ankommen“, sagt Krause. Es sind Bilder, die unangenehm nachwirken: In orangen Anzügen und mit Atemschutzmaske versprühten Arbeiter in zwei Stadtteilen von Triest großflächig Insektizide, um Tigermücken zu bekämpfen. Der Hintergrund war das Auftreten von Dengue-Infektionen, die vermutlich in der Stadt erworben wurden. Das ECDC berichtet von 130 Dengue-Ansteckungen, die im Jahr 2023 innerhalb der EU passiert sind.

Robert Krause, Infektionsspezialist Universitätsklinikum Graz
Robert Krause, Infektionsspezialist Universitätsklinikum Graz © LKH-Univ. Klinikum Graz/ Stieber

Fadenwürmer unter der Haut

Weniger gefährlich, dafür umso grauslicher ist ein Parasit, der durch Stechmücken übertragen wird: Fadenwürmer, die die sogenannte Dirofilariose auslösen. Vor allem treten diese Fadenwürmer bei Hunden auf, der Mensch ist ein seltener „Zufallswirt“: „Die Diroflariose zeigt sich durch Knoten in der Haut, in denen sich ein Wurm befindet. Sehr selten können innere Organe betroffen sein“, erklärt Krause. Eigentlich beschränkte sich diese Erkrankung auf den Mittelmeerraum, allerdings gibt es auch Einzelfälle von österreichischen Patienten, die nicht auf Reisen waren. „Wir müssen daher davon ausgehen, dass diese Erkrankung auch in Österreich zirkuliert“, sagt Krause, schränkt aber ein: Dirofilariose beim Menschen sei sehr selten und verlaufe bei Infektionen der Haut harmlos.

Zum Brüten reichen der asiatischen Tigermücke schon kleinste Wasseransammlungen: Blumenuntersetzer, Regentonnen, Reifen, in denen sich Wasser sammelt. „Ein Sonnenschirmständer, der oben offen ist, kann so zur idealen Brutstätte werden“, sagt Pleiner-Duxneuner und appelliert daher, Wasserstellen rund um das eigene Zuhause zu vermeiden bzw. regelmäßig zu entleeren. Sonst könne man sich mit Insektenschutzmitteln und langer Kleidung vor Mückenstichen schützen. Die Ages wiederum betreibt ein österreichweites Gelsen-Monitoring, um die Ausbreitung exotischer Stechmücken in Österreich zu überwachen. Der Bericht des Jahres 2023 zeigt: Besonders in Teilen Graz und Wien ist die asiatische Tigermücke bereits etabliert und kommt dort in großer Zahl vor. Ein besonderer Hotspot für die Ausbreitung sind demnach Autobahnraststätten, was zeigt, dass sich die Mücken über den Straßenverkehr ausbreiten.