Wissenschaftliche Erkenntnisse oder sogar Durchbrüche sind gar nicht so selten Zufälle. So war es etwa bei Penicillin. Und so scheint es auch bei einer Impfung gegen Brustkrebs zu sein. Denn eigentlich war die Forschungsgruppe rund um Christian Singer, Leiter des Zentrums für familiären Brust- und Eierstockkrebs der Med-Uni Wien, mit den Ergebnissen der Studie, die sie 2012 gestartet hatten, ursprünglich nicht zufrieden. Denn die Impfung, welche sie 400 Probandinnen in einem frühen Brustkrebsstadium verabreicht hatten, zeigte kaum Wirkung. „Die ersten Ergebnisse waren eigentlich für uns enttäuschend“, sagt Gabriel Rinnerthaler, Programmdirektor Mammakarzinome an der Klinische Abteilung für Onkologie der MedUni-Graz, der an seiner früheren Wirkungsstätte in Salzburg an dieser Studie beteiligt war.
Bei der Impfung handelte es sich um eine neoadjuvante Therapie. Diese wird vor einer Operation zur Tumorentfernung verabreicht, mit dem Ziel den Tumor vor der Operation zu verkleinern. Der Impfstoff sollte sich gegen ein bestimmtes Protein (Muc-1) richten, das an der Oberfläche vieler Tumoren zu finden ist. Doch das erhoffte Ergebnis blieb wie gesagt aus – vorerst.
Sterberisiko halbiert, Risiko für Metastasen halbiert
Denn bei der Überprüfung der Daten sieben Jahre später, um das Rückfallrisiko zu untersuchen, stießen die Forschenden dann doch auf ein vielversprechendes Ergebnis. Jene Probandinnen, die die Impfung erhalten hatten, hatten ein um die Hälfte reduziertes Risiko, an dem Brustkrebs zu versterben. Auch das Risiko, Metastasen zu entwickeln, war halbiert. „Das ist schon sehr bedeutsam“, sagt Rinnerthaler. Wenn aufgrund der geringen Probandinnen-Anzahl immer noch Fragezeichen bleiben. Und weitere Forschung notwendig ist. Bis zu einer möglichen Marktreife wird also noch einige Zeit vergehen. Die vielversprechenden Ergebnisse müssen nun in weiteren, größeren Studien bestätigt werden.
Ebenso muss geklärt werden, wieso diese Impfung Wirkung gezeigt hat, denn der Mechanismus ist noch unklar. Zum einen könnte der Zeitpunkt, also in einem frühen Stadium vor einer OP zu impfen, eine Rolle spielen. Ebenso könnte die lange Beobachtungsdauer förderlich sein, um einen klaren Effekt erkennen zu können. Und drittens: Die Zusammensetzung des Impfstoffes wies auch eine besonders immunstimulierende Lipidhülle auf, auch diese könnte ein Faktor sein. Durch diesen „Booster“ konnte das Immunsystem eventuell Antikörper bilden, welche sich gegen neue Tumorzellen gerichtet haben.
„Das Großartige an dieser Studie ist, dass wir die Therapiekonzepte in Bezug auf Impfungen noch einmal neu überdenken werden“, erklärt der Onkologe. „Diese Impfung war etwas, das man bei Brustkrebs fast aufgegeben hatte, und der wirkliche Durchbruch ist, dass wir jetzt wieder einen neuen Forschungsimpuls haben, der uns vielleicht zu neuen Behandlungsansätzen bringt.“