Schauspieler Chris Hemsworth, bekannt als Thor, trägt das Gen APOE4 in sich, und zwar in zweifacher Ausführung. Diese Diagnose und die damit einhergehende Erkenntnis, dass er somit ein großes Alzheimer-Risiko in sich trägt, wurden vor einiger Zeit breit berichtet.
Eine neue Arbeit spanischer Wissenschaftler unterstreicht nun diese Annahme – dazu lesen Sie etwas weiter unten mehr. Kommen wir erst zu einer kurzen, vereinfachten Definition: APOE4 steht für das Apolipoprotein E. Dieses Eiweiß spielt eine wichtige Rolle im Fettstoffwechsel und kann in drei Formen vorliegen: APOE2, APOE3 und eben APOE4. Personen, die zwei Kopien von APOE4 in sich tragen, haben ein bis zu 15-fach erhöhtes Risiko, an Alzheimer zu erkranken. Man nennt diese Personen auch APOE4-Homozygote. Betroffen sind etwa zwei Prozent der Bevölkerung, der Schauspieler Chris Hemsworth ist einer davon.
Als Alzheimer-Risikofaktor ist APOE4 schon länger bekannt. „Im Laufe der Jahre wurde immer deutlicher, dass APOE nicht nur ein Risikofaktor, sondern ein ursächliches Gen für Alzheimer ist“, sagt Alfredo Ramirez (Uniklinik Köln). Die Autorinnen und Autoren der aktuellen Studie, die in „Nature Medicine“ erschienen ist, kommen demnach zu dem Schluss, dass es sich bei APOE4 um eine genetische Form der Alzheimer-Erkrankung handelt.
Denn in ihrer Untersuchung zeigte sich, dass fast alle APOE4-Homozygoten eine Alzheimer-Pathologie aufwiesen. „APOE4-Homozygote wiesen ab einem Alter von 55 Jahren signifikant höhere Werte von Alzheimer-Biomarkern auf als APOE3-Homozygote“, erklärt Elisabeth Stögmann, Leiterin der Ambulanz für Gedächtnisstörungen und Demenzen der Medizinische Universität Wien. Und weiter: „Im Alter von 65 Jahren wiesen fast alle APOE4-Homozygoten abnorme Amyloidwerte im Liquor auf, und 75 Prozent hatten positive Amyloid-Scans.“ Amyloid ist ein Protein, dessen Konzentration sich mit dem Alter erhöht. Bei Alzheimer-Patienten verklumpt das Amyloid im Gehirn, es entstehen Ablagerungen – sogenannte Plaques. Zudem, auch das zeigte die Untersuchung, traten bei APOE4-Trägern erste Alzheimer-Symptome sieben bis zehn Jahre früher auf als bei APOE3-Homozygoten.
Belastendes Wissen
Obwohl aussagekräftig, werden die Erkenntnisse dieser Studie wohl nicht akut Änderungen für Alzheimer-Patienten bzw. Träger des APOE4-Gens nach sich ziehen. Zum einen, weil der Ausbruch einer Alzheimer-Erkrankung (noch) nicht sicher vorhergesagt werden kann, zum anderen, weil „das Wissen um einen genetischen Risikofaktor belastend sein kann“, erläutert Stögmann. Aus diesem Grund erachtet sie einen Test auf APOE4, bevor Symptome auftreten, nicht generell als notwendig. Ähnlich sieht das auch ihr Kollege von der Uniklinik Köln, Alfredo Ramirez, der richtige Zeitpunkt für einen solchen Test sei schwierig zu bestimmen. „Die Genetik sagt etwas über die Wahrscheinlichkeit aus, aber nicht über das Schicksal.“
Nicolai Franzmeier von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) spricht auch noch die Therapiemöglichkeiten an: „Aktuell würde ich nicht empfehlen, sich auf APOE4 testen zu lassen, da daraus keine therapeutische Konsequenz resultiert. Man müsste also erstmal mit dem Ergebnis und vor allem der Erkenntnis leben, fühlt sich aber mitunter hilflos, da die Medizin aktuell nicht wirklich viel machen kann.“ Es ist bekannt, dass eine Lebensstiländerung helfen kann, Symptome nach hinten zu verschieben.
Das bedeutet: Ausreichend Sport zu betreiben, sich gesund zu ernähren sowie andere gefäßbedingte Risikofaktoren wie Bluthochdruck und ähnliches im Griff zu halten. Ob man eine genetisch bedingte Erkrankung gänzlich aufhalten kann, sei aber fraglich, sagt der Experte. „In der Zukunft kann eine APOE4-Genotypisierung aber sicherlich mal relevant für die Früherkennung und Therapie werden, sofern wir es schaffen, vernünftige Behandlungsansätze zu entwickeln.“