Das Gefühl der ersten wärmenden Sonnenstrahlen auf der Haut, die erste Kugel Eis nach den kalten Wintermonaten – der Frühling zieht ins Land. Und das hat nicht nur Auswirkungen auf die Natur, auch unser Körper wird vom Wechsel der Jahreszeiten beeinflusst. Mitnichten beschränkt sich dieser Einfluss auf die Frühlingsgefühle, die gemeinhin mit Verliebtheit und den Schmetterlingen im Bauch in Verbindung gebracht werden. „Es gibt diverse saisonale Schwankungen unseres Körpers, das zeigt sich bei Veränderungen unserer Hormonsysteme und unseres Stoffwechsels“, erklärt Stefan Pilz von der Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie der Med Uni Graz.

Innere Uhr

Diese Anpassungen der Körperprozesse werden von bestimmten Genen, die auch „Clock Genes“ genannt werden, gesteuert. Diese fungieren quasi als innere Uhr und steuern unseren jahreszeitlichen Rhythmus. Auch die geänderten äußeren Bedingungen beeinflussen unseren Organismus, vor allem spielen hier die länger werdenden Tage bzw. das länger andauernde Tageslicht eine Rolle. Zum einen, weil im Frühling die Konzentration des Schlafhormons Melatonin sinkt. Dessen Gegenspieler, das Serotonin, wird durch die stärkere Sonneneinstrahlung vermehrt stimuliert. Die Folge: Wir fühlen uns wacher und aktiver.

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Wechselbad der Gefühle

Auch kann es mit Frühlingsbeginn eine Besserung bei bestimmten depressiven Verstimmungen bzw. Erkrankungen geben. Aber: Temperaturextreme, verursacht durch den Klimawandel, können wiederum unsere mentale Gesundheit negativ beeinflussen. Es ist also ein Wechselbad der Gefühle. Grundsätzlich ist der Einfluss von Jahreszeiten sowie des Klimawandel auf unsere Stimmungslage äußerst komplex.

Einfluss der Sonne

Sonnenlicht beeinflusst auch die Bildung von Vitamin D in der Haut. „Aus diesem Grund steigen in der wärmeren Jahreszeit die Vitamin-D-Werte im Blut an“, erklärt Pilz, der auch Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Endokrinologie ist. Diese Vorstufe eines Hormons wirkt sich auf praktisch alle Organe unseres Körpers aus und zeigt auch, dass es in Zusammenhang mit anderen Erkrankungen relevant ist. „Studien weisen darauf hin, dass eine Vitamin-D-Supplementierung Atemwegsinfekte, bestimmte Schwangerschaftskomplikationen und Krebstodesfälle verhindern könnte“, sagt der Experte, fügt aber hinzu: „Man profitiert dann, wenn man einen Vitamin-D-Mangel hat und diesen ausgleicht.“ Aktuell würden die jahreszeitlichen Umstände helfen, den Vitamin-D-Spiegel zu heben.

Stefan Pilz
Stefan Pilz © Kages/Helmut Lunghammer

Herzgesundheit

Der Einfluss der höheren Temperaturen sowie der längeren Tage bedingt auch, dass zahlreiche Erkrankungen saisonalen Schwankungen unterliegen. Atemwegsinfekte treten im Frühling seltener auf als im Winter. Auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, zum Beispiel Herzinfarkte, nehmen in der wärmeren Jahreszeit an Häufigkeit ab. „Wir sehen, dass die Blutdruckwerte und die Blutzuckerwerte in der wärmeren Jahreszeit etwas absinken“, sagt Pilz. Infolge sind Patienten mit Bluthochdruck sowie Diabetes besser eingestellt. Ähnliches gilt für die Schilddrüsenhormone.

Lust und Liebe

Auch die Geschlechtshormone unterliegen saisonalen Schwankungen – womit wir bei den eingangs erwähnten Frühlingsgefühlen angelangt wären. Bei Frauen handelt es sich hierbei etwa um das Sexualhormon Östrogen, bei Männern um Testosteron. Die Aktivität jener Drüsen, welche diese Hormone regulieren, nimmt in den warmen Monaten zu. Hinzu kommt, dass sich auch das Ansprechen des Körpers auf diese Hormone verändert. „Es ist nicht nur der reine Wert – in Bezug auf die Geschlechtshormone – der sich ändert, sondern auch die Reaktion des Organismus auf diese Botenstoffe. Das ist ein äußerst komplexer Vorgang“, erklärt der Experte.

Einer, an dem bei Männern wie auch bei Frauen ebenso Vitamin D beteiligt ist. Mehr Vitamin D führt zu einem Mehr an Testosteron beim Mann. Dadurch werden Männer prinzipiell aktiver. Bei Frauen greift Vitamin D außerdem auch in den weiblichen Zyklus ein.