Eigentlich ist Alexander ein ganz typischer zweieinhalb-Jähriger: Er liebt es, draußen zu sein und in der Sandkiste zu spielen. Er flitzt mit seinem Laufrad durch die Gegend und malt momentan am liebsten mit Wasserfarben. Seine Lieblingsspeisen sind Nudeln, Grießnockerlsuppe und Würstel. Aber Alexander trägt einen Gendefekt in sich, der ihn zu etwas ganz Besonderem macht: Alexander leidet an einer ultraseltenen genetischen Erkrankung, von der nur einer von 500.000 Menschen weltweit betroffen ist.
Diese Krankheit ist eine Sonderform des LCHAD-Mangels und führt dazu, dass Alexanders Körper keine langkettigen Fettsäuren abbauen kann. Daher muss Alexander eine strenge Diät einhalten, so gut wie fettfrei essen und wenn Alexander Würstel will, dann muss seine Mama Marilyn Maderbacher ganz spezielle fettfreie Würstel bestellen.
Schwieriger Start ins Leben
„Wir hatten einen schwierigen Start“, erinnert sich Maderbacher an die Tage vor und nach Alexanders Geburt: Alexander musste per Notkaiserschnitt auf die Welt geholt werden, seine Mama lag mit einer schweren Schwangerschaftsvergiftung, dem sogenannten HELLP-Syndrom, auf der Intensivstation. Im Nachhinein wissen Maderbacher und ihr Partner Patrick Passegger, dass Alexanders Gendefekt wohl der Auslöser für diese schwere Schwangerschaftsvergiftung war – dass ihr Sohn mit einer Stoffwechselkrankheit geboren wurde, erfuhr die junge Familie aus dem Südburgenland allerdings erst durch das Neugeborenen-Screening. „Eine Woche und einen Tag nach Alexanders Geburt kam der Anruf“, erinnert sich Maderbacher: Der Bluttest hatte eine Auffälligkeit gezeigt, schon am nächsten Tag sollte die Familie mit Alexander nach Graz an die LKH-Uniklinik für Kinder- und Jugendheilkunde kommen. „Ich hatte eine schlaflose Nacht“, erinnert sich Maderbacher.
Dort, an der Kompetenzeinheit für seltene Erkrankungen im Kindesalter der Med Uni Graz hörten die Eltern erstmals jene Buchstabenkombination, die ihr Leben auf den Kopf stellen sollte: TFP-Mangel. „Gefährlich wird es für Betroffene, wenn ihr Körper in einen Hungerzustand gerät“, erklärt Barbara Plecko, Expertin für seltene Erkrankungen an der LKH-Univ.-Kinderklinik. Dann kann der Körper nämlich nicht genügend Energie zur Verfügung stellen – eine schwere Unterzuckerung kann die Folge sein.
Fett kann den Körper vergiften
Genauso gefährlich ist es für Alexander aber, wenn er Fett zu sich nimmt: „Der Körper kann die langkettigen Fette nicht abbauen, sie häufen sich an und ‚vergiften‘ den Organismus“, erklärt Anna Baghdasaryan, die betreuende Ärztin der Stoffwechselambulanz – Muskelzellzerfall, Nierenversagen und Herzrhythmusstörungen können die Folgen sein. Alexanders Erkrankung ist genetisch bedingt: Beide Eltern sind Träger einer krankheitsverursachenden Variante, aber selbst nicht erkrankt – erst durch die Kombination beider Varianten kam die Erkrankung bei Alexander zum Ausbruch.
Für den Alltag von Alexanders Familie bedeutet das: „Wir müssen genau drauf achten, dass Alexander genügend Kalorien zu sich nimmt.“ Anfangs stellte sich Mama Marilyn den Wecker – spätestens alle vier Stunden musste ihr Sohn mit Spezialnahrung gefüttert werden, Tag und Nacht. Mittlerweile kann Alexander sechs bis acht Stunden schlafen, wird aber zusätzlich über eine Magensonde versorgt: Ein quirliges Kleinkind im Wachstum mit ausreichend Kalorien zu versorgen, ist schwierig. Mama Marilyn weiß genau, in welchem Lebensmittel wie viel Energie steckt – und hat Alexander einmal von einem nicht-fettfreien Würstel gekostet, weiß seine Mama, wie sie gegensteuern kann. Alexander bekommt nun auch ein neues Medikament, das aus den USA für ihn importiert wird – erst eine Handvoll Kinder weltweit werden damit behandelt. Es soll Alexanders Stoffwechsel stabiler machen.
Dennoch kann es für Alexander gefährlich werden, vor allem wenn er krank ist: Wegen eines Magen-Darm-Infekts musste er im Krankenhaus mit Infusionen versorgt werden, Fieber versetzt die Eltern immer in Alarmbereitschaft. Aber: „Es ist so schön zu sehen, wie gut sich Alexander entwickelt“, sagt Mama Marilyn – nach der Schockdiagnose kurz nach der Geburt hätte sie das nicht für möglich gehalten.