155.000 Menschen waren in der vergangenen Woche (KW 50) aufgrund von Atemwegsinfekten arbeitsunfähig. Rund 52.000 Fälle entfielen auf eine Covid-19-Erkrankung. Die aktuelle Coronawelle hat Österreich also immer noch voll im Griff. „Die aktuelle Situation, mit derart hohen Zahlen, ist etwas, dass mich sehr nachdenklich stimmt“, sagt die Immunologin Eva Untersmayr-Elsenhuber (MedUni Wien). Und sie fügt hinzu: „Es ist zu befürchten, dass diese hohen Zahlen Folgen nach sich ziehen werden.“

Eine dieser Folgen kann Long Covid sein – auch wenn man schon durch vorherige Infektionen und/oder die Covid-19-Impfung Kontakt mit Sars-CoV-2 hatte. „Wir haben ein immunologisches Gedächtnis, das dafür sorgt, dass das Risiko schwer zu erkranken bzw. Long Covid zu entwickeln, abnimmt. Aber das Risiko wird nur geringer, es ist nicht null“, sagt Untersmayr-Elsenhuber.

Unterdrückung des Immunsystems

Zudem kann Sars-CoV-2 grundsätzlich das Immunsystem beeinflussen. „Wir wissen mittlerweile, dass nach der Infektion das Immunsystem empfänglicher für andere Viruserkrankungen sein kann“, erklärt die Expertin. Das allerdings ist kein Charakteristikum, welches ausschließlich das Coronavirus aufweist. Auch von anderen Viren ist bekannt, dass sie das Immunsystem negativ beeinflussen können. „Das ist aus Sicht eines Virus auch logisch erklärbar: Um einen Wirt konsequent befallen zu können, muss das Abwehrsystem herabgesetzt werden.“ Herpesviren oder auch Masernviren können so ihre Verbreitung im Körper unterstützen. Steckt man sich mit letzteren an, können die Abwehrkräfte bis zu einem Jahr lang beeinträchtigt sein, hier lässt zum Beispiel auch die B-Zell-Antwort nach.

Dieses Video könnte Sie auch interessieren

B-Zellen sind spezialisierte Abwehrzellen, sie sind Teil des sogenannten erworbenen Immunsystems. Dieses kommt dann zum Einsatz, wenn es den Mechanismen des angeborenen Immunsystems nicht gelingt, Erreger zu eliminieren. Eine Covid-19-Infektion, vor allem bei einem schweren Verlauf, habe nach aktuellem Stand der Forschung sowohl einen Einfluss auf das erworbene als auch auf das angeborene Immunsystem. Im konkreten Fall wird etwa „die Interferon-Produktion gemindert, weil diese in unserem Körper die Abwehr gegen Viren indiziert“, sagt Untersmayr-Elsenhuber.

Die Folge ist, dass man im Anschluss an eine Infektion leichter krank werden kann. Zumindest für die Dauer von einigen Monaten. Wie lange die Wirkung auf das Immunsystem im Fall von Covid-19 anhält, ist noch nicht abschließend geklärt. „Kann das Immunsystem nicht mehr so rasch und adäquat auf Erreger reagieren, ist man vulnerabler, Infektionen, auch Erkältungserkrankungen können häufiger vorkommen. Dessen sollte man sich bewusst sein“, sagt die Immunologin. Mittlerweile gibt es aber auch Studien, die zeigen, dass das Risiko für Autoimmunerkrankungen nach einer Covid-19-Infektion steigt.

Eine Therapie, welche die Unterdrückung des Immunsystems nach einer Infektion mit Sars-CoV-2 aufheben kann, gibt es noch nicht. Der einzige Schutz ist Vorsorge, also sich impfen zu lassen und auch andere Maßnahmen zu treffen, um sich nicht anzustecken. Untersmayr-Elsenhuber etwa nutzt Luftfilter in ihrer Ordination, trägt aktuell an stark frequentierten Orten Maske und achtet auf regelmäßige Händehygiene.