Es ist eine Odyssee, die Elisabeth Rainer hinter sich hat. Sie sagt von sich selbst, dass sie jegliches Vertrauen in das österreichische Gesundheitssystem verloren hat. Die Folgen von drei Operationen haben die Wahlsteirerin stark in ihrem täglichen Leben eingeschränkt: Ein Auge, das sich nicht bewegen lässt und permanent tränt, ein eingeschränktes Sichtfeld, sie sieht Mehrfachbilder. Hinzu kommen auch immer wieder Schmerzen. „Wie soll es mir gehen, wenn mich jede zweite Person fragt, ob ich ein Glasauge habe und wenn ich Menschen nicht mehr ins Gesicht schauen kann“, sagt Elisabeth Rainer.

Kosten für Nachbehandlung musste Patientin selbst tragen

Die Folgen für ihr tägliches Leben sowie für ihre mentale Gesundheit, welche die drei Eingriffe hinterlassen haben, sind derart einschneidend, dass Rainer nun das AKH Wien, an dem die ersten beiden Operationen stattgefunden haben, mithilfe ihres Anwaltes klagen wird. Sie fühle sich entstellt, sagt Rainer und möchte 40.000 Euro Schadenersatz einklagen – auch um die Kosten der Nachbehandlungen im Ausland decken zu können.

Vor 13 Jahren wird bei der heute 41-Jährigen Morbus Basedow diagnostiziert. Dabei handelt es sich um eine Schilddrüsenüberfunktion, die auch zu Augenproblemen führen kann. Bei Rainer waren dies Fettablagerungen „hinter“ dem Auge, die im schlimmsten Falle zur Erblindung führen können. Rainer konnte das Lid eines Auges nicht mehr ganz schließen, als sie im April 2022 zum ersten Mal am AKH Wien operiert wurde. Für den Eingriff in Wien entschied sie sich, da ihr der Chirurg empfohlen wurde.

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AKH weist Vorwürfe zurück

„Hingekommen bin ich mit einer zwei Millimeter Lidschluss-Problematik, heimgegangen bin ich mit acht Millimetern“, schildert die Betroffene. Operiert wurde auch nicht nur ein Auge, sondern beide. Ebenso habe eine Aufklärung über Risiken nicht stattgefunden, so Rainer. Beides Vorwürfe, welche das AKH in einer Stellungnahme gegenüber der Kleinen Zeitung zurückweist: „Aus dem dokumentierten Aufklärungsgespräch über die Operation (OP-Revers) geht hervor, dass sie über einen möglicherweise beidseitigen Eingriff und die bestehenden Risiken dieses Eingriffs umfassend aufgeklärt wurde.“

Das Ergebnis des ersten Eingriffs: Frau Rainers gesundheitliche Probleme haben sich verschlechtert. Erst nach zwei Monaten gab es eine Kontrolle des behandelnden Arztes – Rainer wollte diese vorverlegen, aber ohne Erfolg. Beim Termin meint der Arzt, sie habe die Augen zu wenig trainiert, zu wenig bewegt, er schlägt einen zweiten Eingriff vor. Auch diesem stimmt Rainer zu, in der Hoffnung, dass sich ihr Zustand bessert. Während des Eingriffs wird ein Implantat eingesetzt, das noch während des Eingriffs bricht und danach zu einer regelrechten Beule an der Schläfe führt. Ein dritter Eingriff findet in einer Wiener Privatklinik statt, da der Chirurg am AKH nicht mehr tätig ist.

Austherapiert und irreversibel

Weitere Kontrollen gibt es nicht, am AKH wird Rainer mitgeteilt, sie sei austherapiert, sie müsse mit dem Zustand nun leben. Damit gibt sich Rainer aber nicht zufrieden, sie sucht im Ausland Hilfe, macht sich auf die Suche nach Fachleuten für endokrine Orbitopathie. Fündig wird sie in Spanien, es folgt eine weitere Operation, auf eigene Kosten. Und diese bringt etwas Linderung – endlich. Aber die eingeschränkte Beweglichkeit ist irreversibel. Zu massiv sind die Vernarbungen. „Er hat mir gesagt, einen Fall wie mich habe er noch nie gesehen“, schildert Rainer.

Rainer geht es darum, für ihre Erkrankung und ihre Leidensgenossen Aufmerksamkeit zu erlangen. „Betroffene von endokriner Orbitopathie werden in Österreich nicht gehört und nicht gesehen.“ In der nächsten Woche soll die Klage gegen das AKH Wien eingereicht werden, das Gericht muss dann entscheiden, ob es zu Kunstfehlern gekommen ist. Nach Auskunft von Rainers Anwalt haben sich auch andere Patientinnen und Patienten mit ähnlichen Krankengeschichten an ihn gewandt.