Dass Medikamentenfälschungen lebensbedrohlich sein können, zeigt der Fall des gefälschten Diabetes-Medikaments Ozempic auf erschreckende Weise: Mehrere Betroffene in Österreich mussten mit derart schweren Nebenwirkungen im Krankenhaus behandelt werden, die „zum Tode hätten führen können“, wie das Bundeskriminalamt informiert. Eine betroffene Salzburgerin wandte sich an die Öffentlichkeit – um zu warnen und zu unterstreichen, dass sie die gefälschten Medikamente nicht eigenmächtig im Internet bestellt, sondern von ihrem Schönheitschirurgen erhalten habe. Die gefälschten Spritzen werden nun vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) untersucht – die Vermutung ist, dass statt des Wirkstoffs Semaglutid Insulin enthalten war, was zu einer lebensbedrohlichen Unterzuckerung geführt habe.

Offenbleibt aber die Frage: Wie kann es passieren, dass die Patientin von einer an sich vertrauenswürdigen Quelle, nämlich einem Arzt, mit gefälschten Medikamenten versorgt wurde – und das auch noch zu einem massiv überteuerten Preis? Da es sich um laufende Ermittlungen handelt, gibt es dazu keine offizielle Auskunft. Klar ist aber: In den legalen Vertriebswegen ist bisher kein gefälschtes Medikament aufgetaucht. So unterstreicht das BASG: „Bisher haben wir keinen Hinweis darauf, dass Fälschungen in die legale Lieferkette gelangt sind.“ Das sei eine Entwarnung für Diabetes-Patienten, die „Ozempic“ über eine Apotheke oder einen hausapothekenführenden Arzt beziehen.

Original und Fälschung: Das Blau des gefälschten Pens ist dunkler als beim Original | Original und Fälschung: Das Blau des gefälschten Pens ist dunkler als beim Original
Original und Fälschung: Das Blau des gefälschten Pens ist dunkler als beim Original
| Original und Fälschung: Das Blau des gefälschten Pens ist dunkler als beim Original © KLZ/Unbekannt

Legale Vertriebswege streng kontrolliert

Die Abgabe von Medikamenten sowie deren Vertriebsweg ist in der EU streng geregelt: Jede Medikamentenpackung trägt einen QR-Code – dieser wird bei Abgabe in der Apotheke gescannt, erklärt Gerhard Kobinger von der Apothekerkammer: „So erfahre ich sofort, ob es sich um ein offizielles Produkt handelt.“

Dass eine Ärztin oder ein Arzt Medikamente an seine Patienten abgibt, ist laut BASG nur erlaubt, wenn es sich um Ärztemuster handelt oder der Arzt eine Hausapotheke betreibt. Ein Arzt, der Medikamente abgibt, darf diese nur über legale Vertriebswege – über die Apotheke – bestellen. Über legale Versandapotheken im Internet wiederum dürfen nur rezeptfreie Mittel verschickt werden – „Ozempic“ ist rezeptpflichtig und kann somit gar nicht legal im Internet gekauft werden!

In der Causa laufen die Ermittlungen jedenfalls: So wurde am Dienstag bekannt, dass nun die Staatsanwaltschaft Steyr ermittelt: Es habe bereits sechs Hausdurchsuchungen gegeben, bestätigte Behördensprecherin Julia Rauscher. Eine Firma, über die der Vertrieb des Mittels gelaufen sein soll, habe ihren Sitz im Gerichtssprengel Steyr, erklärte sie. Dass der (Online-)Handel mit gefälschten Medikamenten ein riesiges Geschäft ist, zeigt der Produktpirateriebericht des Finanzministeriums: Im Jahr 2022 wurde vom österreichischen Zoll die Rekordmenge von 832.267 gefälschten und illegalen Medikamenten aufgegriffen.