1 Auf welche Warnzeichen sollten Eltern bei ihren Kindern achten?

So etwas wie eine Checkliste gibt es nicht, meint Yvonne Seidler, Expertin für die Prävention sexueller Gewalt: "Aber wenn man merkt, dass sich das Verhalten des Kindes verändert, dass es Ängste hat und vielleicht nicht mehr in den Kindergarten oder die Schule gehen möchte, dann muss man als Erwachsener genauer hinschauen." Nicht immer müssen solche Anzeichen aber auch gleich bedeuten, dass es einen Vorfall mit sexueller Gewalt gegeben hat: "Es gibt viele Dinge, die junge Menschen stark belasten können – etwa eine Scheidung, Streit mit Freunden oder auch Probleme in der Schule", so die Expertin.

2 Was kann man tun, wenn man das Gefühl hat, dass etwas nicht stimmt?

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Der erste Schritt sollte sein, selbst das Gespräch mit dem Kind zu suchen. Dabei ist es wichtig, dieses nicht wie ein "Verhör" zu gestalten. "Man sollte achtsam nachfragen, ohne dem Kind Aussagen in den Mund zu legen." Dafür bieten sich etwas Sätze an wie: "Ich habe das Gefühl, dich bedrückt etwas und wenn du magst, können wir darüber reden."

3 Wie soll man vorgehen, wenn sich der Verdacht auf sexuelle Gewalt erhärtet?

"Wichtig ist, sich Unterstützung zu holen und nicht planlos zu agieren", sagt Seidler. Die Expertin rät etwa davon ab, den Täter selbst zu konfrontieren: "Das kann auch bei einer späteren Gerichtsverhandlung hinderlich sein." Hilfe bekommt man beim zuständigen Sozialarbeiter oder bei den Kinderschutzzentren (siehe Infobox). Dort wird für psychosoziale Unterstützung der Kinder und Erwachsenen gesorgt. Man wird auch im Hinblick auf eine Anzeige und das diesbezügliche Vorgehen beraten.

4 Wie kann man ein Vertrauensverhältnis zu Kindern schaffen, welches es wahrscheinlicher macht, dass sie im Ernstfall Hilfe suchen?

Am ehesten suchen jene Kinder Hilfe, welche die Erfahrung gemacht haben, dass sie von Erwachsenen respektiert und ihre Grenzen gewahrt werden. "Man sollte für Kinder einen Rahmen schaffen, indem sie sich auch trauen, dann das Gespräch zu suchen, wenn sie einen Fehler gemacht haben. Denn oft fußt die Strategie der Täter ja darauf, dass sie den jungen Menschen einreden, sie seien es, die etwas falsch gemacht haben", sagt die Expertin. Auch Gewaltfreiheit in der Erziehung ist zentral. Statistiken zeigen, dass Kinder, die schon andere Formen von Gewalt erlebt haben, ein höheres Risiko haben, Betroffene von sexueller Gewalt zu werden – und im Ernstfall seltener Hilfe suchen.

Außerdem hilft es, wenn Kinderrechte sowie sexuelle Bildung Teil der Erziehung sind und junge Menschen grundsätzlich wissen, wo sie Hilfe bekommen können. All diese Aufgaben liegen nicht nur bei den Eltern: "Auch Kindergärten, Schulen und Vereine können hier einen wichtigen Beitrag leisten. Die Verantwortung tragen immer die Erwachsenen. Eltern und Pädagogen sind die wichtigsten Personen im Hinblick auf Kinderschutz", so Seidler.