Es ist eine Schlammschlacht, die ihresgleichen sucht: Der Rosenkrieg zwischen Johnny Depp und Amber Heard wird vor den Augen der Weltöffentlichkeit ausgetragen. Und gerade auf Social Media wird heftig über den Gerichtsprozess diskutiert. Aber auch wenn bezüglich der Schuldfrage oft Uneinigkeit herrscht, in einem Punkt sind sich die Zaungäste der Auseinandersetzung einig: Die Beziehung zwischen Depp und Heard war wohl eine toxische.
Doch leicht gesagt, schwer erklärt: Wie genau definiert sich eigentlich eine toxische Beziehung? Regine Daniel, Klinische Psychologin und Gesundheitspsychologin, sagt: „Als toxische Beziehung wird eine Partnerschaft bezeichnet, in der es zu subtilen Formen der Gewalt kommt. Es sind Beziehungen, die einem mehr Kraft rauben, als sie einem geben, uns aber trotzdem süchtig machen.“
Toxische Beziehungen sind von starken Tiefs und darauffolgenden guten Phasen geprägt. Es besteht eine emotionale Abhängigkeit, die dazu führt, dass man es trotz großem Leidensdruck nicht schafft, die Partnerschaft zu beenden. Toxisch sei vor allem die Dynamik, die in der Beziehung vorherrscht: „Ich kann aus meiner Erfahrung mit Paaren bestätigen, dass es kein Zufall ist, welche Menschen als Partner zusammenfinden. Häufig geraten Menschen mit Verlustängsten eher an Partner mit einem vermeidenden Beziehungsverhalten und/oder narzisstischen Tendenzen“, so die Expertin.
In einer solchen Partnerschaft wünscht sich häufig der eine Partner Nähe und bemüht sich aufgrund seiner Verlustängste sehr um sein Gegenüber. Der andere hat jedoch Probleme mit Nähe und stößt seinen Partner immer wieder weg.
Doch wie kommt es dazu, dass Menschen Beziehungen mit anderen eingehen, die sie toxisch behandeln? „Anfangs wirkt noch der Zauber des Verliebtseins und die ungesunden Verhaltensweisen des Partners kommen noch nicht oder zumindest nicht so stark zum Einsatz. Aber nach und nach treten die Bedürfnisse des egoistischen Partners in den Vordergrund“, sagt Daniel. Dann gerate die Beziehung immer mehr aus dem Gleichgewicht und die Partner sind nicht mehr auf Augenhöhe, sondern einer der beiden dominiert – etwa durch Manipulation, Demütigungen, emotionale Erpressung, unterschiedliche Formen von Gewalt und Gaslighting.
Von „Gaslighting“ spricht man, wenn das Selbstbewusstsein des Gegenübers untergraben und diesem die Schuld an allen Problemen angelastet wird – oft, indem man dem Betroffenen eine falsche Realität einredet.
Warnsignale ernst nehmen
Fürchtet man, von einer solchen Beziehung betroffen zu sein, sei es wichtig, auf Warnsignale wie sinkenden Selbstwert zu achten. „Auch wenn man das Gefühl hat, man steckt viel Liebe und Kraft in eine Beziehung, bekommt aber wenig zurück, kann das ein Anzeichen sein“, so die Psychologin. In einem solchen Fall empfiehlt sie, mit Freunden zu sprechen, um die eigene Wahrnehmung zu stärken.
Ist die toxische Dynamik schon weit fortgeschritten, sollte professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden: „Psychische Gewalt hinterlässt tiefe Spuren, die in einer Therapie aufgearbeitet werden sollten. Der Selbstwert wird durch eine solche Beziehung geschädigt. Es kann zu Depressionen oder Ängsten kommen.“
Unterstützen statt Drängen
Will man als Außenstehender unterstützen, sei vor allem Geduld wichtig: „Wichtig ist es, der betroffenen Person keinen Druck zu machen, sich zu trennen, sondern da zu sein. Oft ist eine Trennung ein längerer Prozess, bei dem man Unterstützung benötigt.“