Die Ereignisse in der Ukraine haben derzeit nicht nur die Nachrichtenlage fest im Griff, sondern konfrontieren Eltern auch mit unangenehmen Fragen. Schreckensbilder werden durch die sozialen Medien bis ins Kinderzimmer gespült. Diese Bilder wirken nachhaltig und verunsichern selbst Erwachsene.

Doch die Ärztin und Psychotherapeutin Martina Leibovici-Mühlberger warnt eindrücklich davor, in Gegenwart von Kindern in Panik zu verfallen: "Das kindliche Verhalten ist in vielerlei Hinsicht durch die Evolution geprägt. Aus der freien Wildbahn wissen wir: Ich bin am besten beraten, wenn ich mich der Führungskraft, in diesem Fall den Eltern, anpasse." Fürchten sich also die Eltern, überträgt sich das auf Kinder.

"Dafür bist du noch zu klein"

Soll man also die Wahrheit verschweigen? "Auf keinen Fall", sagt die Kinderpsychologin Simone Breitenfeld. Denn Unwissenheit fördere diffuse Ängste. Gerade die Jüngeren nehmen vieles nur bruchstückhaft auf. Versuchen Kinder ihre Gedanken logisch zu ordnen, ziehen sie womöglich falsche Schlussfolgerungen und ängstigen sich. Anstatt Kinder also mit aufgeschnappten Schnipseln abzuspeisen, sollten Eltern ihre Kinder informieren.

Der Umgang mit Angst und Unsicherheit in krisenhaften Zeiten ist eine Herausforderung. Deshalb liegt es an den Erwachsenen, den Jüngsten nach bestem Wissen und Gewissen den Weg vorzugeben: "Und zwar nicht, indem man Kindern eine Glocke über den Kopf stülpt, sondern ihnen Stärke und Zuversicht vorlebt", sagt Breitenfeld.

Das SOS-Kinderdorf rät außerdem: "Kinder haben oft ganz andere Ängste und Gedanken, als wir Erwachsenen. Fragen Sie nach, wie es Ihrem Nachwuchs im Speziellen damit geht bzw. was er wissen möchte. Beantworten Sie die Fragen wahrheitsgemäß. Wenn Sie etwas selbst nicht beantworten können, sagen Sie das ehrlich. Mit speziellen
Kinder-Suchmaschinen können Sie gemeinsam nach kindgerechten Antworten suchen." Nachrichten, aufbereitet speziell für jüngere Menschen gibt es auch auf der Website der Kleinen Kinderzeitung.

Aufklärung bedeutet aber nicht, die Kinder kommentarlos vor dem Fernseher zu parken: "Nachrichten sind kein Kinderprogramm", so Breitenfelder. Für Erklärungen müsse man eine Sprache wählen, die Kindern zumutbar sei. Man darf ruhig sagen: "Gestern ist etwas Schreckliches passiert." Aber man sollte hinzufügen: "Und wenn du Fragen hast, dann werde ich sie dir gerne beantworten."



Dabei sollten Sie das Geschehen weder bagatellisieren noch das Kind unnötig aufputschen. Wichtig ist es, beruhigend einzuwirken und die Sorge wieder in die richtige Proportion zu rücken. 

Das SOS-Kinderdorf empfiehlt zusätzlich Nachrichtenpausen einzulegen: "Aktuell sind die Medien natürlich voll von Berichterstattung über den Krieg in der Ukraine. Es ist wichtig und gut, sich darüber zu informieren und ganz normal, dass man davon betroffen und mitgenommen ist. Schalten Sie die Nachrichten dazwischen bewusst auch ab, um zur Ruhe kommen zu können."

Bilder und Videos in den sozialen Medien

Zusätzlich dürfe man nicht vergessen, dass Jugendliche auch in den sozialen Medien mit den aktuellen Geschehnissen konfrontiert werden: "Es ist nicht auszuschließen, dass unter Jugendlichen auch schockierende Bilder und Videos über WhatsApp und Social Media geteilt werden. Immer wieder tauchen in den sozialen Medien auch Falschmeldungen auf. Mimikamabietet ein Online-Tool, das das Prüfen solcher Nachrichten
einfacher macht."