Sabine und Piet waren nicht naiv und beziehungstechnische Anfängerfehler hatten die beiden mit damals 40 bzw. 50 Jahren längst hinter sich, als sie sich 2008 ineinander verliebten und zwei Jahre später auch heirateten: Beide hatten bereits eine gescheiterte Ehe hinter sich; sie ist Mutter einer Tochter, er dreifacher Vater. „In der zweiten Ehe passt es, ganz sicher“, davon waren beide überzeugt. Für Sabine war ihr Piet auch der erste Mann in ihrem Leben, bei dem sie, wie sie sagt, ihre Hand dafür ins Feuer gelegt hätte, dass er niemals fremdgehen würde. Und dann ist es doch passiert – und sie kam dahinter und irgendwie ging die Welt unter. Das war 2018. Heute ist das Paar der lebendige Beweis dafür, dass es sich lohnt, um die Liebe zu kämpfen, und dass es keine Schande ist, sich dabei Hilfe zu suchen. „In einer Krise ist man ja, weil man sich immer nur im Kreis dreht, und allein hört man nur schwer damit auf“, sagen die Buitens. Aber lassen wir sie lieber selbst erzählen, wie sie es geschafft haben, wieder den gemeinsamen Weg zu finden.
Einmal ehrlich: Nach dem Seitensprung Ihres Mannes haben Sie nie an Scheidung gedacht, Frau Buiten?
SABINE: Doch, kurz. Ich war enttäuscht und traurig. Aber irgendetwas sagte mir: Es ist viel zu viel da, um das alles jetzt wegzuschmeißen. Mit dem Herzen bin ich bei Piet geblieben, weil ich weiß, dass er im Grunde ein lieber, toller Mann ist – und so einen kriege ich nimmer. Und er hat ja auch gekämpft wie ein Löwe, um alles irgendwie zu reparieren.
Sie haben in dieser Situation eine Paartherapie gemacht. Eine gemeinsame Entscheidung?
SABINE: Die Paartherapie war meine Bedingung dafür, zu bleiben. Das war damals schließlich ein tiefer Vertrauensbruch und ich wusste nicht, wie ich das allein schaffen sollte, ohne ständig wieder in Vorhaltungen ihm gegenüber zurückzufallen, was ja weder mir noch Piet etwas gebracht hätte.
PIET: Ich habe mich darauf eingelassen, weil ich meine Frau auch sehr lieb habe, und auch ich gemerkt habe: Wenn die Aufmerksamkeit gegenüber dem Partner nachlässt, beginnt man in unterschiedliche Richtungen zu gehen, man treibt auseinander. Man kann nicht einfach sagen: „Ich bin dein Mann und du bist meine Frau, und der Rest läuft von alleine“. Das funktioniert so nicht. Beide müssen etwas dafür tun, daran arbeiten.
SABINE: Auch für mich war es ein Lernprozess, festzustellen, dass nicht nur er etwas verbockt hat, sondern auch ich.
Frauen fällt es in der Regel aber leichter, über ihre Gefühle zu sprechen.
PIET: Unsere Therapeuten Roland und Sabine Bösel sagen dazu immer: In jeder Beziehung ist einer die Schildkröte, die sich bei Problemen am liebsten zurückzieht und dichtmacht – das ist meistens der Mann; ich bin da keine Ausnahme. Und der andere ist der Wirbelsturm, immer mit Vollgas unterwegs. Als Schildkröte muss man lernen, ein wenig in Richtung Wirbelsturm zu gehen, und der Wirbelsturm muss ein wenig in Richtung Schildkröte gehen. Das ist nicht einfach, aber ohne diese Anstrengung geht es nicht. Ich habe gelernt, mir Raum zu nehmen und auch zu reden.
SABINE: In der Therapie zeigen sie dir, wie es geht, sich nicht in alten Mustern zu verstricken und ständig in einen Machtkampf zu gehen. Man lernt gewissermaßen, den anderen in seinem Land zu besuchen und zu fühlen, wie es ihm geht, wenn man ihn bevormundet oder ständig nörgelt. Das fühlt man dann wirklich, und man bekommt nicht dauernd zu hören: „Du bist schuld ...“ Man versucht einfach, auf eine wertschätzende Art, gemeinsam eine Lösung zu finden. Es war auch schön, wie wir uns als Paar wieder zart annähern und neu entdecken konnten. Die Zeit haben wir uns genommen. Auch für meine Tochter war es wichtig, zu sehen: Es muss nicht in einer Trennung enden.
PIET: Ich habe auch gelernt, was einen guten Dialog ausmacht. Wenn wir gemeinsam eine Woche Revue passieren lassen und darüber reden, was gut und was schlecht gelaufen ist, dann beginnen wir jetzt prinzipiell damit, zuerst einmal etwas Positives zu sagen, was man an dem anderen mag und schätzt. Das gibt dem Gespräch eine ganz andere Richtung.
Und die Fehler der Vergangenheit sind vergeben und vergessen?
SABINE: Ich habe einmal einen sehr schönen Vergleich gehört: Mit Krisen in der Liebesbeziehung ist es wie mit der Lieblingstasse, von der ein Henkel abbricht: Der Henkel ist danach angeklebt, aber es bleibt die Lieblingstasse. Ich finde das stimmig, weil wir ja alle unsere Narben und Verletzungen haben. Ich kann heute offen über unsere Probleme reden, weil das alles Teil unserer Geschichte ist und uns nur noch mehr bestätigt hat, dass wir zusammengehören. Wir sind uns näher denn je.
PIET: Es geht darum, gemeinsam zu wachsen – als Paar zusammenzuwachsen. Und es sind die kleinen Dinge, mit denen man zusammenwächst: liebevolle, kleine Gesten der Aufmerksamkeit, die zeigen, was man aneinander hat.